Dieses Bild könnte man direkt
als eine Art Arbeitsteppich der Alchemie bezeichnen. Ein Symbol des
Universums, des Makrokosmos, als Arbeitsstätte und Laboratorium des
Alchemisten. Das Theater, auf welchem die Darsteller erscheinen werden.
Das Ausgangsstadium des ganzen Prozesses. Die Erde vor der Erschaffung
des Menschen.
Wir sehen links und rechts je eine
Wolkensäule und die Symbole für Sonne und Mond
Nota bene: Links vom Betrachter aus, d.h.
heraldisch rechts: die Sonne. Rechts, d.h. heraldisch links: der Mond. Wir
finden diese Anordnung auf fast allen alchemistischen Bildern so. (Mit sehr
wenigen Ausnahmen)
Wer müsste hier nicht an die Rauch und Feuersäulen des biblischen Exodus
denken. Es sind die beiden göttlichen Urpole, deren östliche Pendants Yin
und Yang sind. Im weiteren finden wir in den Vier Ecken vier Sterne, Symbole
der vier Elemente. In der Mitte sehen wir einen runden Brunnen. Dieser
Brunnen ist das Vas Hermeticum, die alchemistische Retorte, als Symbol des
Menschen. Dessen Lebendigkeit zeigen die drei Füsse auf denen er steht oder
geht. Auf dem Brunnenrand sind sieben Sterne für die sieben damals bekannten
Planeten und deren Metalle. Das Wasser im Brunnenbecken, alchemistische
Bezeichnungen dafür sind, mare nostrum, aqua permanens (ewiges Wasser), mare
tenebrosum (finsteres Meer), auch Chaos: die Urwasser der Schöpfung.
Psychologisch handelt es sich dabei um das noch gänzlich undifferenzierte
Unbewusste. Es wird oft auch als Uterus (Gebärmutter) bezeichnet.
In der Mitte des Brunnens steht eine Säule
mit drei Röhren aus denen Wasser fliesst. Sinnbild der dreifachen Natur
dieses Wassers, als materielle, geistige und seelische Substanz. Die
Brunnensäule ist das menschliche Individuum das aus diesen drei Prinzipien
besteht.
Oben auf der Brunnensäule eine dreizackige
Krone oder Blüte, die sich nach oben, dem darüber schwebenden Stern zu,
öffnet. Dieser Stern, der fünfte Stern auf diesem Bild, ist die "fünfte Essenz", die quinta
Essentia, die Quintessenz. Symbol für das Element Äther.
Über dem Ganzen befindet sich ein
zweiköpfiger Drache (Merkur bicephalus), Symbol der Zweiheit, des
Urgegensatzes. Der Drache ist zwar Eins, aber seine Köpfe blicken in
verschiedene Richtungen. Die Gegensätze sind noch nicht vereinigt. Auch
daraus ersehen wir, dass dieses Bild den Anfang des Prozesses darstellt.
Die Parallelen zum Freimaurer‑Tempel sind
evident. Die Säule J und die Säule B. Sonne und Mond. Der flammende
Stern in der Mitte. Die drei kleinen Lichter, hier drei Brunnenröhren. Die
vier Elemente bzw. die vier Himmelsrichtungen. Die drei grossen Lichter,
symbolisiert durch die dreizackige Krone bzw. Blüte.
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