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Bô Yin Râ



Das Buch

der

Königlichen

Kunst

ENDGÜLTIGE GESTALTUNG NACH DEN

UNVOLLENDETEN AUSGABEN VON 1913 BIS 1920






KOBERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

BASEL-LEIPZIG 1932



Bô Yin Râ ist der Dichter, Philosoph und Maler Joseph Schneiderfranken






 
 


INHALT


I. Teil
DAS LICHT VOM HIMAVAT UND DIE WORTE DER MEISTER

Der Leuchtende dem Suchenden
Die Ernte
Das unendlichfältige Eine
Erkenne dich selbst
Von den geistigen Meistern 
Gefahr der Eitelkeit

II. Teil
AUS DEN LANDEN DER LEUCHTENDEN

Die Schwelle
Die Frage des Königs
Die Wanderung
Osternacht
Vereinung

III. Teil  
DER WILLE ZUR FREUDE  

Allen, die zum Lichte streben
Die Lehre
AUSKLANG

 

 

 

Es ist Torheit, zu glauben, das Zeugnis höchster Erfahrung der Erfahrensten einer Rasse sei in dem Schrifttum eines Volkes dieser Rasse zu finden.

Es ist noch größere Torheit, unbedenklich anzunehmen, man brauche nur alle Texte eines solchen Schrifttums säuberlich zu übersetzen, um dadurch die Lichtsplitter, die sich in ihm verfangen haben, der eigenen Rasse - dem eigenen Volke, - zu retten.

Gewiss: - solange die Erde sich um die Sonne dreht, kam Lichtesaufgang allem Irdischen aus dem Osten, - und vom allerersten Anfang menschlicher Selbstfindungsversuche an waren die erfahrensten Finder im Osten zu finden.

Unsäglich Weniges aber nur von ihren Funden ging in das Werk der Völker ihrer Rasse ein. -

Geheimgut blieb, - selbst für die „heiligen Schriften", - das, was jederzeit Geheimnis bleiben wird Allen, die es nicht selbst in sich erfahren!

Solche Erfahrung in der ihm gemäßen Weise zu erlangen, soll dieses Buch den Erlebenden lehren.

Die hier gegebenen Lehren gründen in den Felsgründen ewiger Wirklichkeit.

Aber diese Lehren sind nicht Selbstzweck und wollen keine „Dogmen" schaffen, sondern nur nötige Erklärung.

Erst wenn sie zu innerer Erfahrung führten, hat sie der Suchende sich zu eigen gemacht. -


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***



DAS LICHT VOM

HIMAVAT UND DIE WORTE

DER MEISTER



Suchst du das Licht,
so wisse:
dass dein Weg behütet ist
durch die Leuchtenden
im ewigen Tag!



Der Leuchtende dem Suchenden


Ich will dir vom Wege sagen, den ich selbst gegangen bin!

Ich will den Weg dir zeigen, zu dem ich selbst geworden bin!


Ich war der Sonne so nahe gekommen, dass sie den ganzen Himmel bedeckte.

Alles stand in Flammen, über und unter mir.

Ich war Wanderer auf dem Wege ins Licht, und ehe ich es versah, war ich Weg geworden ohne Wahl ...

Zum Wege geworden aber, schoss ich wie ein Pfeil ins Ziel: - verbrannte mich selbst in der glühenden Sonne.

So ward ich selber Glut und Leuchten.

Mich selbst verzehre ich in meinem Feuerlicht: - wie könnte ich anderes wollen, als dass Alles zu Licht und Feuer werde!


Alle Sonnen brennen im selben Licht!

Wer zur Sonne verbrannte, ist mit allen Sonnen vereinigt. -

Du weißt nicht, welcher Sonnen Licht in meinem Lichte dir leuchtet!

Ziehe nicht Grenzen der Willkür!

Im Lichte verschwinden alle willkürlichen Grenzen. -

Suche das Licht in den Sonnen und die Sonnen in ihrem Licht!

Liebe ein wenig das Licht in allem Leuchten, - du Suchender!

Willst du dem Lichte nahen, so gib den Widerstand auf! Alles in dir ist noch Widerstand!

Alles in dir ist noch Rede: - darum hörst du nicht ...

Alles in dir ist noch Blick: - darum kannst du nicht sehen ...

Gebiete dir selber Schweigen und halte die Blicke gesammelt, damit die Stille Einkehr bei dir halte!

Nur in der lautlosen Stille vernimmst du das ewige Wort! -

Noch aber sind tausend Widerstände in dir, die gegen ein anderes Tausend streiten.

Noch bist du nicht frei in dir selbst!

Noch bist du nicht wunschlos willig, mit mir den Pfad zum Lichte zu wandeln.

Der „Anfang": - das Ursein, - zeugt aus sich das Urlicht, und das Urlicht zeugt das Wort.

Das Wort aber hat das Licht des Lebens, und das Licht leuchtet im Wort, das den „Vater" zeugt: - den Urgeist-Menschen, - in der tiefen Stille der Ewigkeit, die heute ist, wie sie allzeit war und immerdar bleibt.

Was wir dir aus dem Wort verkünden, ward nicht von Menschenhirnen ersonnen...

Es ist Aufschluss der Ewigkeit und hat nichts mit erdachter Erdenweisheit zu schaffen.

Was du hier empfängst, ist Licht aus dem Wort!

Im Wort sind wir alle, denen du diese Worte dankst, vereint in Erkenntnis und Bewusstsein.

Wir schaffen geistgesetzte Ordnung durch das Wort: - im Chaos der Spiegelbilder, die sich bedrängen und verdrängen auf der Oberfläche stetig bewegter, in Alleräußerstes strebender Kräftewellen.

Wenn wir lehren, lehren wir uns selbst erkennen.

Nur in vorgelebter Lehre kann man dir lebendiges Licht vor Augen stellen, ohne dich durch seinen Urglanz zu blenden.

Willst du zum Lichte, so musst du glauben lernen!

Glauben heißt: Kraft entfalten, um höhere Kraft zu erwecken.

Gläubige Worte allein schon können Kraftentfaltung sein, aber in Worten allein sollst du nicht glauben lernen.

Glaube ist Wille!

Nach deinem Glauben wird dir geschehen wie du gewollt!

Wie dein Glaube, so sind deine Kräfte!

Nur deine eigene Kraft löst alle höheren helfenden Kräfte für dich aus!

Wenn du zum Lichte willst, lerne beten!

Wenn du betest, so bitte vor allem um Flügel! -

Siehe: es gibt Flügel, die höher tragen als Adlerschwingen ...

Es gibt Flügel, die dich über alle Sterne tragen.

Um solche Flügel bitte, wenn du beten willst!

Ein jedes andere Gebet wird Lästerung, wenn du in dir nicht auch zugleich um diese Flügel bittest. - -

Wer um Flügel bittet, dem werden wahrlich auch Flügel gegeben ...

Indem du fliegen willst, werden dir Schwingen wachsen!   Noch während du betest, wirst du erhoben sein!

Und nun, du Suchender, zerstöre die falschen Götter, willst du dem Einzigen, Ewigen nahen: - deinem lebendigen Gott!

Dein Gott ist in dir selbst, und nur in dir selber kannst du seiner innewerden!

Nur in dir selber kann er sich dir gebären ...

Nur in dir selber sich dir vernehmbar machen!

Du sollst keinen „Gott" suchen außer dem Gotte in dir!

Du sollst keinem anderen „Gotte" dienen wollen!

Höre die uralten, irrig gedeuteten Worte!

Höre sie neu im Verstehen!

Höre mit bebendem Herzen: -

„ICH" - „bin der Herr!" - spricht dein Gott ...

„Du sollst keine anderen Götter suchen!"

„Du sollst dir keine Vorstellung gestalten, um dir selber einen „Gott" zu schaffen, der als monströses Zerrbild deiner selbst in nur durch dich bedingtem Dasein wäre, bis du selbst dem Irdischen entschwunden bist! --"

Hier, o Suchender, stehst du vor aller Wahrheit Anfang und niemals endendem Ende!

Wohl dir, wenn du erkennst, was dir die Worte dessen, dem sein Gott einst also sprach, - zu sagen haben. -

Mit Absicht gab ich dir hier dieser Worte ewigkeitsgezeugten Sinn!

 

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Die Ernte

Wir wollen einen bedeckenden Schleier über alle Worte werfen, die in den letzten Menschenaltern wechselnd als unsere Äußerung galten.

Es wird so besser sein, denn Vieles braucht zarte Schonung, was wir rücksichtslos durchjäten müssten, wollten wir in aller Lehre das, was wir zu säen wussten, von allem Unkraut säubern.

Unsere geistig „jüngeren" Menschenbrüder - und Schwestern - rechnen mit weitaus kürzeren Zeitenfolgen als wir.

So fühlten sich manche dazu berufen, dem Werke nachzuhelfen, das wir zu wirken haben.

Wie würde das Tempo unseres Wirkens diesen „Ungestümen ohne böse Absicht" erst missfallen, wüssten sie, dass wir heute noch am Anfang unseres Werkes stehen, und kaum begonnen sehen, was ihnen längst schon als abgetan erscheint ...

Wir streuen Samen auf gepflügtes Land.

Es kommt auf euch an, ob der Samen keimen kann! -

Sehet zu, dass ihr naschhaften Vögeln wehrt die Körner zu verzehren, bevor sich Wurzeln und Halme bilden können!

Hütet, was man euch anvertraut!

Es müssen viele im Dunkel sitzen und viele müssen im Schatten wohnen, denn die Tage sind finster: - sie fressen das Licht. Denen aber, die auch des Nachts wachen, wird die Sonne am mitternächtigen Himmel aufgehen!

Zu diesen werden Arbeiter in die Ernte kommen um die Ähren zu Garben zu binden!

Danach werden weißgekleidete Hirten kommen und mit Flötenspiel ihre Herden sammeln!

Dann wird jeder, der Führung sucht, den Führenden finden!

Der Führer aber wird ihn leiten, durch die ehernen Tore und den Wüstenweg, zu den Höhen von Himavat!

Dort ist die Sonne im Lichte ertrunken und die Erde hat ihre Schwere verloren.

Dort ist der Himmel ewiger Feuerbrand und alle Sterne glühen hell in seinem Licht.

Alles, was brennreif ist, wird dort zu Feuer und ewigem Leuchten ...

Vieles aber ist grün noch und wassergeschwängert.

So widersteht es dem Brande, - wächst, verwelkt und verfault. - -

Sicher ersehen die ewigen Väter des Lichtfeuers Nahrung.

Sterne um Sterne entzünden sie in der leuchtenden Glut ...

Höre! - Entbrennen, Glühen, Leuchten, oder: - Verfaulen, - - eines davon ist dein Los!

Suchst du dem zu entrinnen, so betrügt dich nur eigene Torheit!

Du hast nur die Wahl in der Hand!

Wer seine eigene Meinung ewiger Gottesweisheit gleich zu achten wagt, der steht dem Werk im Wege, das wir hier auf Erden wirken müssen.

Er lästert das Licht, das die Erde durchleuchtet, und sündigt gegen den Geist aus dem er selber lebt.

Wehe dem Menschen, der seine Gedanken solcherart frevelnd an Stelle des Wortes setzt!

Ehe die Welten wurden, war das Wort und in ihm das Licht als des Wortes Erkennen.

Nicht im Denken wird dieses Erkennen dem Menschen erfahrbar, denn das Denken ist nur des Wortes Diener.

Wer immer die leuchtende Gabe des Herrn empfangen will, der gebiete dem Diener Schweigen!

Wir wirken das Werk des innersten Ostens: - das Werk des lichten Tages der Ewigkeit.

Wir sollen die Seelen dem lebendigen Lichte öffnen.

Wer Führung sucht, die Keinen in die Irre führt, der möge unsere Worte bei sich im Herzen verwahren!

Wir aber werden ihm nahe sein, auch wenn er auf der anderen Seite der Erde lebt.

Wir sind in dieses Erdenleben geboren als Abgesandte der Söhne des Urlichts: - der Väter des Lichtes im Wort ...

Durch uns ward, seit Jahrtausenden immer erneut, das Licht im Wort den Menschen menschlich erkennbar, ohne die Augen der Sterblichen zu blenden.

Wir leben im Fleische das Leben der Ewigkeit.

Wer durch uns auf den engen Pfad geleitet wird, der zu unserem Reiche im Geiste führt, der geht seinem eigenen Sein im Ewigen entgegen.

Wir führen zu den Sternen ewigen Lebens, die eins sind mit uns - aus wesenhaftem Lichte geboren - im Lichte lebend, das von Urbeginn war, das allzeit ist und niemals verlöschen kann.

Wir sind sehr Wenige, die wir diese uralte Einheit des Willens auf Erden verkörpern.

Viele aber sind wir mit denen, die vor uns die gleiche Bürde trugen, - mit denen, die sie nach uns tragen werden.

Wir sind weder durch Volkstum und Nation, weder durch Landessprache, noch durch räumliche und zeitliche Entfernung getrennt, oder jemals zu trennen, auch wenn in jedem aus uns die irdischen Eigenschaften seiner Rasse erhalten bleiben.

In uns selbst beten wir an, was durch uns sich offenbaren will ...

Wir haben darauf verzichtet, noch Anderes zu sein, als Seine Offenbarung in der Welt der Sichtbarkeit.

Wir sind absolute Einheit in uns selbst, und unser erdenhaft Verwesliches ist uns nur Werkzeug in der Welt des Werdens und Vergehens.

Wir haben uns alle nicht dazu gedrängt, zu werden, was wir ohne davon zu wissen, waren, und bewusst nun sind.

Vor Urzeiten wurden wir erwählt, durch die Einzigen, die erwählen können, und nahmen die Pflicht des Erwählten auf uns wie eine schwere, heilige Last.

Jeder aus uns denkt mit Entsetzen an den Tag zurück, der ihm das irdische Wissen brachte um die Pflichten und Verantwortungen, denen er im Geistigen schon seit Jahrtausenden dargeboten war...

Wo immer einer der Unseren lebt, dort ist einer unserer geistigen Tempel.

Keiner aus uns gibt durch sein Wort etwa nur auf subjektivem Erkennen allein gegründete Lehre.

In dem Worte des Lehrenden sprechen alle Wirkenden aus dem ewigen Urlicht in Ver-einung.

Vergeblich würde man einen aus uns, von seinen geistgeeinten Brüdern je zu sondern suchen!

Man kann auch keinen aus uns lösen von den Anderen durch den Tod, denn alle leben wir ineinander, einer den Anderen durchdringend, - ob wir nun noch im Erdenleib sind, oder ob wir ihn abgelegt haben.

Wir haben Denken und Schauen überstiegen und fanden das Reich der einfachsten Zeichen: - das Land der Wirklichkeit.

Dort leben, und von dort aus wirken wir, im Innersten vereint, auch wenn Tausende von Meilen überwunden werden müssten, wollten wir in unseren Erdenkörpern zueinander kommen.

Wer zu einem aus unserem Kreise geistig Zutritt fand, der hat einen Tempel des Geistes auf dieser Erde betreten ...


Wir wollen die Herzen der Menschen erreichen, damit die Herzen den Pfad zum Geiste finden, der allem Denken der Gehirne unauffindbar bleibt, solange ihn das Geistige des Menschen nicht zu finden wusste.

Die Auswahl leitet geisterwachsenes Gesetz, das nicht zu beugen, nicht zu brechen ist.

Keinem aus uns steht es frei, einen Jeden, der da kommen mag, auch in den geistigen Bezirken sich zu vereinen.

Der Strom muss dem Meere nahe sein, soll er des Meeres Schiffe schon tragen können. - So auch muss der Suchende bereits bereitet sein, zu übernehmen, was wir ihm zu geben haben.

Einem Jeden der geistig zu uns kommt, kann zwar auf die ihm gemäße Weise Hilfe, und in bestimmter Art auch Führung werden, soweit ihm Hilfe wirklich von Nutzen sein wird, und soweit er Führung schon zu entdecken weiß, wenn sie auch nur seinen Alltag lenkt. -

Die Führung auf den höchsten Höhenwegen aber dürfen wir dem nur bieten, den wir am Ende des Pfades durch die Wüsten dürren Denkens finden, aus seiner eigenen Kraft.

Ihn allein hat das Gesetz dazu bestimmt die höchsten Höhen geistiger Erkenntnis zu erreichen.

Jeder Andere würde nur tief zu Falle kommen, wollten wir ihn in geistiger Führung auf die Hochpfade geleiten, die nur den allerwenigsten aus allen gleichzeitig Lebenden auf dieser Erde gangbar sind. -



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Das unendlichfältige Eine


Es liegt uns ferne, die keusche Weisheit, deren erwählte Priester wir sind, vor dem lüsternen Auge der Neugier zu entschleiern.

Wir selbst verwirren durch geistigen Eingriff alles, was ohne oder gegen unseren Willen dann und wann durch Unberufene vernommen wurde, damit es nicht zum Schaden derer führen kann, die wahllos Lehre suchen wo die Wahrheit sich nicht finden lässt.

Nach jeder Kunde, die ein Nichtgerufener sich zu erschleichen wusste, sind wir gezwungen, die Mauer des Schweigens zu erhöhen, die um das Heilige gezogen ist, da das Gesetz des Geistes solchen Schutz verlangt, wir aber das Gebot erfüllen müssen.

Man hat euch in alter und neuerer Zeit gar vieles gegeben, das denen nicht gehörte, die es euch brachten.

Lernet erwachend erkennen, wie das Gesetz des Geistes solche Gaben immer wieder zu vernichten weiß, um nicht das ursprünglich Gute zur Nahrung keimenden Unheils werden zu lassen!

Nur was wir selber den Seelen geben, verantworten wir im Geiste als unser aufgetragenes Werk.

Glaubt nicht, dass ihr im irdischen Osten, - ja selbst an den Hängen des Himavat, wo die geheiligten „Schwäne" an den Ufern der höchsten Tempelteiche nisten, - der reinen, lichtlebendigen Weisheit des geistigen „Ostens": - des Sonnenaufgangs in der Seele - etwa näher wäret!   Nicht alles, was vom geographischen Osten kommt, ist deshalb Licht vom Lichte des geistigen Ostens! -

Auch der sengende Wind dürrer Spekulationen, wie der Fieberhauch wüstesten Aberglaubens, wehen vom Osten her.

Die größte Torheit und die höchste Weisheit finden sich im irdischen Osten.-

Das Licht aus dem innersten geistigen Osten aber ist ewige, kosmische Weisheit!

Wir wissen jedes Volk und jeden Einzelnen ohne Umwege zu erreichen.

An den so Erreichten liegt es allein, ob das, was wir zu geben haben, aufgenommen wird, oder zu uns zurückkehrt, wie wenn es abgeprallt wäre an hartem Stein...

Suchet, und ihr werdet - gefunden!

Doch dieses Suchen nötigt euch nicht, auch nur aus dem Hause zu gehen. -

Nur in euch selbst sollt ihr suchen und nur in eurem Allerinnersten wird man euch zu finden wissen.

Glaubt nicht, dass eitle Mystagogen, die euch in Hörigkeit haben möchten und darum ähnliche Macht sich anzudichten verstehen, jemals solches vermögen!

Glaubt nicht, dass wir, die allein zu solchem Finden fähig sind, dabei Anderes wahrzunehmen vermöchten, als was euch im geistlebendigen Lebenskern auf höchste seelische Weise bewegt!

Wir kennen keine Neugier, und sehen geistig nur was lichtempfängnisfähig ist in euch.

All' unser Tun ist nur darauf gerichtet: - Licht zu entzünden, wo es aufgenommen wird.

Hütet, was wir euch vertrauen!

Es ist Licht aus dem innersten Osten!

Das Licht, das ewig ist und ewig sein wird, leuchtet zwar allenthalben in der Finsternis, aber die im Finstern Träumenden erkennen es nicht.

Siehe: - noch bis du selbst nur dein Traum, - du, der sich selbst als Licht im Urwort erkennen lernen soll! -

Niemals warst du wirklich in der Finsternis, die du dir träumend schaffst, denn was du auch immer als finster empfinden magst, hat in der Wahrheit keinen Bestand.

Du warst Licht vom Anbeginn, der niemals Vergangenheit werden kann, weil er in Ewigkeit Gegenwart ist! -

Leuchten wollen sollst du in dir selbst, auf dass du deine Lichtesfülle erkennst, - und erwachen sollst du aus dem Traum der Finsternis!

Heute noch bist du des Traumes Sklave.

Morgen schon kannst du vielleicht erwachen, und dein Tag wird ewig sein!

Keine Nacht wird dir dann die Fülle des Lichtes mehr rauben können!

Aus eigener Willenswahl: - durch deinen Glauben an die Nacht, - bist du zu einem Traum der Finsternis geworden. -

Nun sollst du deine Finsternis, in gleicher Weise, durch den Glauben an den Tag erhellen, damit Licht in dir werde und dein Traum ein Ende finde.

Nimm dich in acht vor deinen Träumen, denn die Geister des Traumes sind herrschsüchtig und tyrannisch!

Leicht können sie dich länger im Schlafe halten als du schlafen müsstest, und dann verschläfst du deinen Tag und musst bis zu einem anderen Tage warten...

Noch suchst du im Traum - in leerem starren Nichts über Wolken den Einen, der nur in unzählbaren Einzelnen sich offenbaren will.

Siehe, - Er wohnt auch in dir und spricht:

„Ich bin in ihrer Mitte, doch sie vernehmen nicht mein Wort, denn meine Stimme ist sanft wie ferner Vogelruf!"

Lerne darum die Welt der Vorstellung scheiden von der Welt der Wirklichkeit! Die Vorstellung muss überwunden werden, aber nicht die Wirklichkeit der Welt, die auch „ein Gott" nicht wirklich überwinden könnte ...

Suche nach der Einfalt des Kindes in dir, wenn du Geistiges erkennen lernen willst!

Meide alle erdachte „Weisheit"!

Fliehe die Welten, die nur dein Denken dir erstehen lässt, und die mit deinem letzten Hirngedanken wie ein wirrer Spuk zerstieben!

Verlasse die Welt der wechselnden Vorstellung, wie sie nur in deinem Kopfe lebt und west!

Das ist „die große Entsagung"!

Das ist der Anfang des Schreitens auf dem Pfade, bei dem der Wanderer allmählich selbst zu wahrhafter Wirklichkeit gewandelt wird.

In heiliger Ordnung waltet das Gesetz des geistigen Geschehens.

Soll das Licht aus dem Wort die Herzen der Menschen erreichen, so muss es zuvor die Farbe der Erde zeigen.

Wir sind nicht das Licht, sondern des Urlichtes Leuchtende!

In uns wird dem Lichte der Ewigkeit die Farbe der Erde!

Vertraue dem Leuchtenden, der dir zum geistigen Führer wird in dir selbst, aber liebe in ihm allein das Licht, das - ihn durchflutend - sich dir nahen will.

Befreie deine Seele von jedem Bilde sterblicher Formen, wenn du das Licht durch ihn empfangen willst!

Was in dir wirken will, ist nicht der Erdenmensch, durch den des Lichtes Strahlen dir erkennbar werden, sondern das Licht im Wort.

Nennst du den dich Leitenden: - „Meister", so wisse, dass nur Einer „der Meister" ist in jedem aus uns!

Wir sind, was wir sind, um euch zu helfen.

Nichts anderes will das Gesetz von uns.

Wir sollen Kräfte in euch erwecken, durch die eure Herzen aller Finsternis entrissen werden: - Kräfte, die in euch selber sind! - Kräfte, die euch zu Bewusstsein kommen müssen, wenn ihr sie gebrauchen lernen wollt!

Wir sollen euch zu euch selber führen!

Wir sollen das ewige Licht des Wortes in euch entzünden!

Wir sollen das Wort in euch zum Widerklang bringen!

Wir aber können nichts für euch tun, wenn ihr keine Hilfe wollt!

Wir können euch nicht helfen, wenn ihr nicht unerschütterlich wenigstens an die Möglichkeit geistiger Hilfe glaubt, so wie ein Seefahrer glaubt, auf der anderen Seite des Meeres festes Land zu finden.

Wir sind Menschen der Erde wie ihr, und müssen wie ihr den Zoll an die Erde entrichten.

Wir wirken als Menschen der Erde und wissen Irdisches wahrlich zu achten.

Aber wir wissen auch um das Vollkommene, als um das ewige Ziel, dem alles Geistgeborene ewig zustrebt ohne es jemals erreichen zu können.

Wäre die absolute Vollkommenheit jemals erreichbar, so würde im Augenblick des Erreichens jegliches Leben enden, und nur durch ihre Unerreichbarkeit gibt sie allen Ewigkeiten stets neuen Lebensgrund.

Vollkommen ist nur der ewig unendlichfältige Eine, der sich in unzählbarer Gestaltung im Ursein, Urlicht und Urwort ewig neu als sich selbst erlebt ...



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Erkenne dich selbst

Glaube nicht irregeleiteten Schwärmern wenn sie dir etwa sagen: es könne jeder, der es begehrt, zum Leuchtenden des Urlichts werden.

Es gibt leider nur allzuviele, die gerne bereit sind, jeglichem Worte zu glauben, wenn es nur ihre zehrende Eitelkeit betört, - und die dann mit allem gierenden Streben nicht weiter gelangen, als bis zur Zerstörung ihrer ureigenen Lebensbahn ...

Wer nicht als Leuchtender im Urlicht schon geboren wird, nachdem er seit Jahrtausenden bereits im Geiste war, was er nunmehr auch hier im Erdenleben sein soll, der wird nur vergeblich jemals zu „werden" suchen, was er nicht vom Geiste her längst ist.

Suchet nicht, was euch nicht selber sucht!

Ihr könnt sonst gar leicht recht teuflischen Selbsttäuschungen erliegen.

Die Menschen, denen die Natur ihre Siegel öffnen muss, sind zu jeder Zeit so selten, dass nur pathologische Vermessenheit den törichten Glauben nähren kann, man gehöre vielleicht zu dieser verschwindend kleinen Zahl.

Wer wirklich dazu gehört, der weiß es im irdischen Bewusstsein erst dann, wenn ihm durch den Leiter seiner Bewusstseinserziehung die Kräfte zum geistigen Wirken auf Erden übertragen wurden.

Vorher ist kein Erdenmensch fähig, die unerhörte Belastung seines Bewusstseins, auch nur einen Augenblick lang ertragen zu können ohne daran zu zerbrechen, - die mit dem Erlebnis der Identität des irdischen Selbsterlebens mit einem unfassbar weit älteren, individuell gestalteten vorgeburtlichen Leben im ewigen Geiste naturnotwendig verbunden ist.

Der hier auf sicherem Boden fußt, weiß sich frei von allem Geltungstrieb von Jugend auf.

Er hat seine Aufgabe niemals selbst ersehnt.

Im Geiste aber war er dafür bereitet worden ehe er geboren wurde, und als er seine Zeit erreichte, fanden die Väter im Urlicht ihn vollendet wie man eine reife Frucht am Baum findet.

In seinem Erdenleben strebte er vielleicht zu Zeiten streng nach Weisheit, allein er war gewiss unendlich weit davon entfernt, geheime Kräfte sich zu wünschen.

Wohl suchte er in Demut Führung, doch er erstrebte sicher nicht die Weihe, die ihm nachmals wurde, ohne dass er vordem darum wusste, dass sie Einzelnen im Erdenleben Schicksal sei.

Selbst wenn er von Ähnlichem hörte, galt es ihm nur als Sagenstoff oder Gebilde allzu erregter Phantasie.

So ward er Meister in dem, was er ohne es zu ahnen, von Geburt an war ...

Macht über okkulte Kräfte, wie sie menschliche Märchenlust geistiger Meisterschaft allezeit zuschrieb, galt aber jederzeit jedem wirklichen Leuchtenden des Urlichts nur als verächtlich und keineswegs erstrebenswert.

Ihr habt gehört, dass es Mittel und Wege geben kann, solche abenteuerlichen Kräfte zu erlangen?

Es wäre wahrlich für euch besser, ihr wüsstet von solchen Dingen nichts!

Den Allermeisten die danach strebten wurden solche Kräfte zu Schlingen, und traurig war das Schicksal derer, die in diesen Schlingen hängenblieben.

Wer okkulte Kräfte als Berufener meistern soll, der wird in langen Jahren der Vorbereitung durch einen Berufenen zu ihrer sicheren Beherrschung und Abwehr geschult. Selbst dann noch können sie ihm zum Verderben gereichen.

Die in harter Erziehung erlangte Macht, durch die allein okkulte Kräfte zu beherrschen sind, verpflichtet den der Macht einmal Sicheren zu steter Betätigung seines Könnens, und rächt sich furchtbar, wenn der Wille auch nur einmal erlahmt.

Ein Moment des Zögerns, und des Zweifelns an der eigenen Macht, kehrt alle Kräfte, denen sie gebieten kann, gegen den Beschwörer, und bringt Unheil mit unübersehbaren Folgen.

Wahnsinn und geheimnisvoller Tod sind noch nicht die schrecklichsten Wirkungen, die solcherart entstehen können.

Schuld trifft dann den, der diese Macht in Hände gab, die nicht für sie geschaffen waren.

Kein wirklicher geistiger Meister würde sich mit solcher Schuld beladen, obwohl er wahrlich die hier Macht gewährenden Praktiken bis ins kleinste kennt.

Wirkliche Geistesmacht steht unbeschreiblich hoch über allen okkulten Fähigkeiten irgendwelcher Art.

Der Schüler, den ein geistiger Meister zum Sohn annimmt muss ein Mensch sein, der vordem im Willen der Erde sich selbst „gestorben" ist und nun im Willen Gottes lebt, in dem er „geboren" wurde.

Was dann der Meister tut, besteht einzig darin, dass er aus Gott den Menschen leitet, Gottes Wille in sich zu benützen und ihm sich anzugleichen, was freilich oft wundersame Wirkung haben kann.

Die Erde der Menschen ist dann des erwählten Sohnes Arbeitsfeld, und das Reich des ewigen Willens seine Heimat.

Wer hingegen nach okkulten Kräften strebt und sie durch äußere Übung zu bemeistern sucht, ist erst in das schwüle Dämmerland verderblicher Wünsche und gefahrvoller Versuchung gelangt.

Magie im höchsten Sinne, als die Königliche Kunst der Geistgeeinten, hat mit diesem Dämmerland allerdings nichts gemein!

Die wahre Wunderkraft der Königlichen Kunst ist nur des Gottesgeistes nie besiegbarer Wille ...

Der Mensch besitzt Anteil an diesem Willen in sich selbst, sobald er sich unwiderruflich dem Willen der Erde in sich versagt.

Wer aber dem Willen der Erde sich entziehen will, der darf nicht glauben, nun auch „der Erde entsagen" zu müssen. -

Weltverneinung ist Torheit!

Weltverneinung ist der narkotische Trank schwächlicher Seelen, die der Wirklichkeit entwischen zu können glauben ...

Durch Weltverneinung wirst du gerade am engsten dem Willen der Erde verhaftet, denn: - was dich die Welt „verneinen" heißt, ist nur der unbefriedigte Wille der Erde, nicht aber des ewigen Geistes sieghaft starker Urkraftwille, dem alles durch ihn im Dasein Erschienene dienen muss, und dem nichts widerstehen kann.

Dem Willen der Erde kannst du dich nur entziehen durch aktive eigene Willenshaltung.

Der Erde aber entsagen wollen, verlangt nichts anderes von dem Entsagenden, als müde Passivität.

Die Flucht aus der Welt ist wahrlich nicht als aktives Handeln zu werten, und in den allermeisten Fällen ist sie nur folgenschwere Auswirkung psychophysischer Störung, vereint mit dem Trieb zu übersteigertem Selbstgenuss.

Töricht sind sonderlich alle „Ich"-Verächter, denn sie wissen nicht, was sie verachten.

Wenn sie sagen: „Bekämpfe in dir dein Ich!" - so raten sie dir schlecht!

Lösche „Ich" aus, und Alles ist ausgelöscht, - denn alles Sein und alles Scheinen ist nur durch „Ich", für „Ich" gewirkt: - wird wirkend nur in „Ich" empfindbar ...

Du kannst „Ich" nicht auslöschen, wenn du auch aus allen Kräften zu einem Nicht-„Ich" werden möchtest.

Ewig ist das Ur-„Ich", das ewig dich aus sich erzeugt.

Nicht eine Sekunde wärest du im Dasein, würde diese geistige Zeugung auch nur während einer Millionstel-Sekunde dich nicht im Dasein wollen. -

Sage denen, die da behaupten, in ihnen sei „Ich" erloschen: -

„Nicht ihr seid Nicht-„Ich" geworden, sondern eure Torheit glaubt nur an dieses Unwesen eurer Ein-bildung!"

„Ihr unterdrückt zwar, was „Ich" ist in euch, aber ihr könnt „Ich" nicht töten!"

„Irrig habt ihr die Worte der Weisen verstanden, denn der Weise ist „Ich" von Grund auf! -

Alles in ihm ist untertan seinem „Ich"! - "

„Was ihr aber abtun sollt, ist: - das Angenommene!"

„Ich" bist du, o Suchender, von Ewigkeit her, auch wenn du deine eigene Identität noch nicht in der ewigen Spirale geistiger Aufeinanderfolge erkennst!

Alles, - außer „Ich", - ist zeitweilig angenommen! -

Du verteidigst zwar das Angenommene, als sei es dein Eigentum, - aber alles, was an-genommen ist, gehört dir nicht von deinem Urgrund her zu eigen!

Alles, was angenommen ist, wird dir wieder genommen!   Unzähliges Angenommene ist dir schon unzählige Male wieder genommen worden...

Dein „eigener" Körper ist nur an-genommen in dieser Welt der - Annahme. -

Du aber bist „Ich"! -

„Ich" ist einmalig, einzigartig und unzerstörbar in jeder seiner Emanationen!

„Auflösung" des „Ich" ist unmöglich!

Was man wohl der Kürze halber so nennt, ist ein sehr komplizierter Vorgang der Bewusstseinszerstörung, bei dem das vorher „Ich"-vereinte Bewusstsein sich löst vom „Ich", und somit sein ewiges „Ich" verliert.

„Ich" ist unerklärbar, denn „Ich" ist absolute Einheit, - „Licht an sich", und vollendete Klarheit.

Scheinbare Klarheits-Differenzierung im „Ich" ist nur Wirkung der Bewusstseinsbewegung, die du wahrnimmst im „Ich".

„Ich" ist ewig aus Ur-„Ich" gezeugt und bleibt ewiges Zeugnis ewiger Zeugung!

Zerstören kannst du nur dein Bewusstsein um dein unzerstörbares „Ich". - -

Geistig bewusst werden aber kannst du nur, indem dein Bewusstsein Aufnahme findet in „Ich", so, wie „Ich" im Geiste lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit ...

Nicht anders wird der „Vater", nicht anders das „Urwort", nicht anders das „Urlicht" erkannt und geliebt, als im „Ich"!

Dieses aber bist du: - du jedesmal einziges „Ich", - wenn du Alles von dir abgetan hast, was nur Angenommenes ist! - -

Suche nicht außen, du Suchender, was nur im Innersten lebt!

Nie und nimmer kannst du außen finden, was du suchst!

Nie wirst du wissen um „Ich", wenn du nicht vorher „Ich" im Innersten deines Innern gesucht und gefunden hast!

Du wirst „Ich" jedoch nur dann finden in dir selbst, wenn du geistig nüchtern bleibst und dein Bewusstsein nicht beirren lässt durch Gaukelspiel, wie es deine und Anderer Phantasie so reichlich darzubieten hat. -

„Ich" ist nur einmal in dir im Dasein, - aber Unzähliges sucht sich in dir zu behaupten, indem es unter diesem Namen dir verbirgt, dass es nur Angenommenes ist.


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Von den geistigen Meistern


Wie steht es aber um die hohe Gemeinsamkeit der geistigen Lehrer?

Wie gelangst du zu ihnen, die dich vom Geiste her helfend führen, wenn du „außen" nicht suchen sollst?

Was sollen dir diese Worte hier, die doch von außen her dich erreichen müssen, wenn du nur in deinem Allerinnersten die Führung erwarten darfst?

O Suchender! - Diese geistige Führerschaft ist dir sehr nahe und du weißt es nicht! -

In dir wirkt sie und in dir bist du mit ihr verbunden, ohne die Spur der Verbindung zu ahnen.

Du könntest im äußeren Leben auch Tage und Nächte lang mit einem der geistigen „Meister", wie man die Leuchtenden des Urlichts zu nennen pflegt, in einem Raume zusammen leben, und du würdest ihn doch nicht als das, was er ist, erkennen, denn gut hat der eine Meister, der uns zu geistigen Meistern schuf, unsere Meisterschaft vor trübsichtigen Augen verhüllt ...

Wenn du aber sehend unserer Geistesgemeinschaft nahen willst, so achte darauf, in dir selbst die geistige Atmosphäre zu erreichen in der wir leben, - wir, die wir selber sehend wurden durch das eine ewige Auge, dem kein irdischer Sinn entspricht.

Nicht eher wirst du innerlich uns vernehmen, als bis zu jenem Tage, der dich zum erstenmal in innerster wunschloser Stille, voll Sicherheit und vertrauender Furchtfreiheit findet!

Äußere Ruhe nützt dir dabei nur wenig.

Je reicher du beschäftigt bist in deiner Alltagswelt, - je intensiver du die Arbeit, die dein Tagewerk von dir verlangt, zu fördern weißt, - desto näher kommst du in deinem Innern der geistigen Atmosphäre, die uns Lebensnotwendigkeit ist, und in der allein die unstörbare Stille herrscht, die du erreichen musst. - -

Du liebst vielleicht die romantische Vorstellung, wir „Löwen der Stille", wie man uns nannte, seien müßige Träumer, phantastische Hierophanten, oder gar „Yogis" von der zweifelhaften Sorte, die man an den Märkten sieht?!

Du glaubst, die Klar-Augen, denen die Mythe aller Völker erhabene Einsicht dankt, seien wohl Priester mysteriöser Kulte in weihrauchdurchzogenen geheimen Krypten?!

Du kannst dich nicht lösen von der Vorstellung, wir seien irgend einem irdischen Willen dienstbar, - irgend einer machterstrebenden Religion oder Weltansicht gemeinsam verhaftet?! - -

Wenn du, o Suchender, jedoch auf die Spur der Wahrheit finden willst, dann lass' dich nicht täuschen durch die Gaukelspiele deiner übersatten Phantasie!

Wisse, dass unter den geistigen Meistern, die auf dieser Erde wirkten, Meister des Schwertes sind!

Wisse, dass andere die Geschicke großer Länder lenkten!

Einige aus uns pflegten hohe Künste, andere hohe Wissenschaft, und wieder andere flohen und fliehen jede Wissenschaft, jede Kunst.

Einige lebten in großen Städten inmitten des Weltgetriebes ihrer Zeit, - andere aber hausten in ferner, unnahbarer Einsamkeit, die auch heute noch fast aller Zuflucht blieb.

Wechselnd im Wechsel der Zeiten, finden sich in gar verschiedenen Situationen menschlichen Erdendaseins unsere Spuren.

Keineswegs aber sind alle aus uns einander in jeglicher geistiger Hinsicht gleich, und jeder einzelne behält die Freiheit der Entscheidung, ob und wie lange er auf seiner erreichten Stufe stehen bleiben, oder aber: ob und wann er die darauffolgende ersteigen will.

Alle der Unseren aber hören immerdar den Ruf, der sie berufen hat ...

Vielleicht würde nur Weniges deiner übersteigerten Vorstellung von dem Wesen gotteiniger Menschen entsprechen, könntest du einen aus uns, die man „Meister der sieben Tore" zur Gottheit nennt, in seiner irdischen Einkleidung erkennen!?!

Jedoch: - das Äußere ist dem Weisen nur gültig als notwendig irdisch geforderter Schein, und jeder Schein ist an sich trügerisch, - auch wenn er wahrlich nicht als bloßes „Nichts" gewertet werden darf. -

Wie sollten aber die „Wolken der Erkenntnis" das Land befruchten können, wenn sie nicht - in eine Welt des Scheines gesandt - als Schein im Schein zu wirken wüssten?! -

Glaube aber nicht, dass du einem aus uns begegnen müsstest, um sein geistiger Schüler werden zu können!

„Von außen her" lehrt keiner aus uns die letzten Dinge!

Was ich dir hier sage, kann dir wohl Anstoß deines Willens werden, die Wahrheit zu suchen, aber alle Lehre, die ich dir in Worten meiner Sprache geben kann, bleibt stets nur Weckruf an dein Inneres, denn die Weisheit des Himavat wird anders „gelehrt" ... Sie ist tiefer gegründet, als nur auf die Auffassungsfähigkeit der Gehirne!

Tiefer als alle menschlich vergänglichen, irdisch veränderlichen Lehren und Schulen!

Du kannst aber nicht im Innersten deines Innern mit den lebendigen „Steinen der großen Mauer" leben, bevor du gewohnt bist, in ihrer Luft, hoch über allen Nichtigkeiten von vermeintlicher Wichtigkeit, und hoch über aller bramarbasierenden Marktschreierklugheit zu atmen.

Wie aber der Ton auf allen Harfen im Saale mitklingt, wenn der Finger des Spielers die Saite einer Harfe berührt, so klingen alle heiligen Klänge für jeden Schüler der geistig eingeordnet wurde, nachdem er die „Stimmung" der „Harfen des geweihten Berges" in sich erreichte...

Dein innerer Zustand ist der Schlüssel, der dir die Pforte öffnet zum geheimen geistigen Tempelraum!

Nichts kann dir verschwiegen, nichts dir vorenthalten werden, wenn du diesen Schlüssel wirklich dir erworben hast, - der aber auch nur so lange aufzuschließen vermag, solange du in dem durch geistiges Gesetz geforderten Zustand verharren wirst. -


Suche aber nicht etwa Klänge in dir zu hören, Visionen zu haben, oder Worte derart zu vernehmen, als wenn sie von außen her zu dir gesprochen würden!

Prüfe dich selbst und bleibe seelisch wach, damit du nicht Wahn- und Wunschträumen zu willen wirst, wo du die Wirklichkeit erkennen lernen willst!

Suche nichts, außer dem Zustand innerster, wunschlos vertrauender seelischer Stille!

In dem gleichen Grade, in dem du dich diesem Zustand näherst, wirst du dich Denen nähern, die mit dir den Weg zur Wahrheit geleitet werden, und ebenso wirst du dich von ihnen entfernen, wenn du versäumst, den Zustand allerinnerster wunschloser Stille ungestört in dir zu erhalten.

Keine äußere Unrast kann diese hier gemeinte Stille stören, die nur durch dein eigenes Verhalten allein bestimmt wird in dir. -

Suche nicht in seelischem Zwielicht nach den geahnten Gefährten.

Du kannst nur teilhaben an ihrer bereits erlangten Kraft, und du wirst dieser Stärkung deiner eigenen Kräfte gewiss bewusst zu werden vermögen, - doch um die mit dir im Streben zum Geiste Vereinten weiß nur der, dessen Schüler du bist, wie auch jene seine Schüler sind.

Grüble nicht, sondern sei dir nur stets der ehrlichen Anspannung aller deiner dir bekannten inneren Fähigkeiten bewusst! Keinen Augenblick darfst du dich selbst aus dem Auge der Seele verlieren!

Du könntest sonst den Weg verfehlen, und würdest erst nach langer Zeit gewahr, dass du nicht mehr auf dem Wege bist ...

Wenn du zu denen gehörst, die auf dieser Erde ihre Zeit nicht ungenützt versäumen, dann wird dir schon während dieses Erdenlebens in deinem eigenen Innern der strahlende Tag erscheinen.

Dann wirst du allen Gefahren entronnen sein, denn du wirst alsdann deinen Weg aus deiner eigenen Klarheit erleuchtet sehen.

Doch heute darf deine Sorge gewiss noch nicht jenem Tage gelten, dem du nur in Geduld entgegenwachen lernen sollst!

Du weißt es nicht, wann er dir beschieden ist, und niemand weiß es ... Du selbst bestimmst deine Zeit, und musst „deine Zeit" erfüllen!

Es genüge dir das Wort, das ich dir hier zu sagen habe:

In der vollendeten Zeit wird auch dir die Vollendung nahen!

Alle Ungeduld trübt nur deinen Blick und verzögert dadurch das Werk.

Ewig bist du, und dein ist die Ewigkeit!

Beharrlich harre aus!

Gelassen lasse das „Angenommene"!

Du hast es nur gut zu verwalten!

Es ist keineswegs dein Besitz. -

Erstrebe täglich und stündlich den hohen Zustand innerer Stille, mitten im Lärm der Außenwelt!

Erfülle dich mit gläubigem Vertrauen und halte dich frei von aller Furcht!

So kommst du im Geiste dem nahe, der dich geistig leiten kann, - so wirst du im Geiste die hohe Gemeinschaft gewahr, aus der er dich erreicht, - - so kommst du endlich zu dir selbst in deinem lebendigen Gott!

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Gefahr der Eitelkeit

Hüte dich aber, du Suchender, vor deinem eigenen Wankelmut!

Hüte dich vor den Dornenhecken der Zweifel! -

Du ahnst vielleicht die Stätte des Lichtes, so wie ein nächtiger Wanderer durch die Frühnebel hindurch jene Stelle am Himmel schon ahnt, an der das Tagesgestirn bald aufleuchten wird.

Zwischen dir und jener Stätte aber wurzelt das Dornengestrüpp stets sich erneuernder Zweifel ...

So viel du ihrer auch ausrotten magst, so viele wachsen wieder aufs neue nach.

Versäume deine Zeit nicht mit törichtem Tun!

Niemals - auch nicht in Ewigkeit, - würdest du vorankommen können, wolltest du dich vermessen, die Dornenhecken der Zweifel erst auszuroden! -

Hier hilft allein dein beharrlicher Mut.

Kraftvoll und sicher schreite voran, auch wenn deine Füße aus tausend Wunden der Eitelkeit bluten!

Dein Fuß muss rein sein, wenn dich der eine ewige Meister, der da Meister ist in jedem aus uns, die klaren kristallenen Wegstufen betreten lassen soll, die zu den Hallen der Anbetung im Geiste und in der Wahrheit führen.

„Rein" wird dein Fuß erst dann, wenn er in deinem eigenen Blute gereinigt wurde ...

Tausende haben den Weg zum Lichte gesucht und blieben in den Dornenhecken der Zweifel hängen, weil der Suchenden selbstische Eitelkeit es nicht zuließ, dass sie weiterschritten, ohne die Dornen vorher entfernen zu können.

Du, o Suchender, sei nicht diesen gleich!

Du bist geborgen, wenn du der ewigen Sonne vertraust, deren Strahl dir im Lichte meiner Worte leuchtet ...

Fühllos für alles, was dich zurückhalten möchte, strecke du deine Hände aus nach jenen hilfreichen Händen die du nun vor dir siehst!

Schweigend folge dem dich Führenden, der von sich sagen kann:

„Ich suche das Licht nicht mehr, denn ich selbst wurde leuchtend!" „Ich suche den Frieden nicht mehr, denn ich selbst wurde Friede!"

„Ich suche kein Wissen mehr, denn ich wurde selbst unvergängliches Wissen!" -

Beziehe alles Gute auf Gott!

Wiege dich aber nicht in der eitlen Vermessenheit so vieler, als ob Gott dir auf jede Frage antworten müsse.

Frage getrost, und freue dich, wenn dir Antwort wird, - aber beruhige deine Fragelust, wenn dir die Antwort nicht zufällt noch während du fragst!

Die Wunden, die dir die Zweifel reißen, sind nötig für das Wachstum deiner Glaubenskraft.

Fliehe nicht feige, was dir als Hindernis erwächst, damit es dich festhalte bis deine Kraft erstarkt ist zum Weiterschreiten! Wähne nicht, dass du berufen sein könntest, für dich selbst und Andere alle Hecken der Zweifel zu lichten, wie deine Eitelkeit gerne dir zuraunen wird.

Erst wenn du die Zweifel lieben lernst, wirst du dich vor ihnen zu hüten wissen!

Erst wenn kein erreichtes Ziel mehr deinem Geltungswillen neue Nahrung schafft, wirst du befähigt befunden, das höchste der Ziele zu erreichen ...

Schweigen muss deine Seele lernen, wenn das Licht ihr nahen soll!

Schweigen wird deiner Seele tiefster Ruf nach Erleuchtung sein!

Schweigend geht deine Seele dereinst dann in das ewige Leuchten ein!

Je besser du innerlich schweigen lernst, desto näher wirst du den Einsichten kommen, die deine Seele ersehnt. Die tiefen Einblicke in die Bereiche wahrer Wirklichkeit öffnen sich nur dem, der in sich selbst zur Ruhe kam, weil er das innerliche Schweigenkönnen zu erlernen wusste!

Unter tausend Masken ist es aber immer wieder deine Eitelkeit, die deine innere Ruhe stört durch immer neue Fragen, denen keine Antwort werden kann, solange du nicht in der großen Stille bist ...

Erst wenn du innerlich zu schweigen weißt, kommst du in der Stille deiner Seele zu der Antwort, die dich auf ewig erlöst!


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AUS DEN LANDEN

 
DER LEUCHTENDEN






In deiner Seele ist eine kleine Pforte, - kleiner als ein Sonnenstäubchen.

Wer sie durchschreitet, kann in ferne Lande reisen ohne sich aus seinem Hause zu entfernen.

Die ältesten Zeiten kann er am heutigen Tage erleben.

Nur Wenige aber wissen sich so klein zu machen, dass sie diese winzige Pforte bewusst durchschreiten können ...



*******

Die Schwelle


Im Tempel angelangt, in dem ihm die Weihe werden sollte, fragte der Schüler den Meister:

„O sage mir doch noch, du Sicherer, dem ich so lange schon mich anvertraue, was du vor dir selber bist in deinem Wissen um dich selbst, - du, der du alles in dir zu bemeistern weißt und von nichts mehr bemeistert wirst!?

Ist das, was du bist, noch im Menschen beschlossen, oder hast du in dir selbst ein Anderes gefunden, dem der Mensch nur als Maske dienen muss? -"

Und der Meister sprach:

Ich bin, wie du, ein Mensch, - aber was ich war, bevor mir meine Mutter Leib und Leben dieser Erde gab, das wurde ich hier erst, nachdem ich den Schlaf des Menschen dieser Erde überwunden hatte.

Dann erst wurde ich der Meister meiner ewigen Kräfte auch hier auf Erden, als ich den erdbedingten Schlaf bezwingen lernte, in dem die Menschen dieser Erde sich ihr Leben zu erträumen trachten.

Fragst du mich nun, was ich bin, so kann ich dir nur sagen:

Ich bin - ich selbst, und nur - ich selbst!"

„Du selbst?" - stammelte fragend der Schüler ...

„Du selbst? - -"

„Wie soll ich das deuten?! -"


„Mein wissensdurstiger Schüler", antwortete darauf der Meister, - „wie vieles hast du bereits von mir gehört, und wie vieles könnte ich dir noch zu sagen haben, - aber wie vieles muss ich dir dennoch ewig verschweigen, wenn du es nicht aus dir selber dir zuerst zu sagen weißt! -

Wirst du mehr um mich wissen, wenn ich dir nun sage:

Ich bin Herr meiner ewigen Kräfte, denn ich bin dieser ewigen Kräfte Selbstkraft geworden?

In mir sind sie nun ihrer selbst bewusst, und in meinem Willen wissen sie sich allein gewollt ..."

„So sage mir von den Kräften, deren Selbstkraft du bist, o Großbeseelter!" - bat darauf der Schüler.

Und der Meister sprach:

„Höre, du Suchender nach dem Licht, und verstehe in deinem Herzen! Wenn ihr schlafenden Menschen nach der Weise der Erde sagt: - wir sehen die Welt durch das Auge, wir fühlen oder tasten sie, und unser Ohr gibt von ihr Kunde, dann redet ihr von einem kleinen Teile der Welt, der euch mehr oder weniger erkennbar wird.

Ich aber weiß das Ganze und lebe bewusst in ihm ...

Ich sehe, höre und fühle mehr wie ihr!

Ich lebe in der ganzen Allwelt, die aus Welten, der euren gleich, gebildet ist und alles, was ist, in sich umfasst.

Ineinander verwoben, - einander durchdringend, - sind alle Welten am gleichen Ort.

In eurer Welt verborgen, - verhüllt durch eurer Welt sichtbare Formen, - steht die Welt der geistigen Kräfte, denen ich Selbstkraft aus dem Geiste bin.   Urschöpferisch, aber auch: - durch Schöpfung zerstörend, - wirken diese Kräfte.

Ohnmächtig sind sie aus sich allein, da ihnen alle Impulse fehlen, sich aus Eigenem auszuwirken, aber die Selbstkraft eines Einzigen, der - er selbst - ist, erfüllt sie mit Antrieb zum Selbsterleben, und so werden sie zu geistig gewollten Gewalten...

Die Macht dieser Gewalten fühlen alle, die hier auf Erden leben, - Könige, wie Bettler, - Starke, wie Schwache, - Reiche, wie Arme, - jedoch nur die wenigsten ahnen, aus welchen Welten her solche Auswirkung sie erreicht.

Fast allen ist es verborgen, weil sie nur traumwach sind in ihren Erdenleibern, während ihre Seelen schlafen. -


Doch, höre weiter, du, der ein Auge der Welten werden soll!

Verwoben und eingesenkt der Welt, die euch allein als die ganze Allwelt erscheint, und in gleicher Weise auch verwoben der Welt dieser Kräfte des lebenden Feuers von denen ich hier zu dir rede, steht eine Welt des reinen Lichtes, das alle Welten durchleuchtet und in sich zur Offenbarung bringt.

Diese drei Welten hält, - in sich gebettet, - sie durchströmend, und in sich selber alle erlebend, - Der Gewaltige, der sich selbst allein in Seinem Namen kennt.

Uns offenbart Er sich im Schweigen ...

Aus Ihm und in Ihm lebt jeder, der ein sehendes Auge der Welten wurde.

Durch Ihn ist Selbstkraft Herrin der Kräfte des lebenden Feuers.

Du könntest Ihn wahrlich auch - Die - Gewaltige nennen, denn Mann und Weib sind in Ihm beschlossen.

Im Urbeginn der Wesen, die sich „Menschen" nennen, war der Mensch in der ewigen Zeugung aus dem „Vater", Eigner der Selbstkraft und Herr aller Kräfte des lebenden Feuers.

Doch, als die Kräfte des lebenden Feuers das ohne Flamme brennt, dem urgezeugten Menschen ihre Macht in allem Leben zeigten, vergaß er seiner Selbstkraft, der allein die Kräfte des Feuers ihre Stärke, Größe und Gewalt zu danken hatten, und - fürchtete sich vor ihnen ...

Furcht ist des Menschen Urschuld, - denn nur aus Furcht vor den Kräften, deren Herr er war, fiel der Urgezeugte aus dem ewigen Leuchten!

Siehe, du kennst nun die Ursache alles Bösen hier auf dieser Erde!

Nicht nur der Mensch allein ist ihm verfallen, sondern auch alle Welten in die der Gefallene seine Urfurcht trug ...   Bewundernd stehst du vor den „Wundern der Natur", ohne zu ahnen, dass da alles was du wahrnimmst, aus deinem nun gebannten ewigen Geisteswillen stammt, und weitaus wunderbarer wäre, würde das Reich, das du „die Natur" nennst, und dem du selbst nunmehr verhaftet bist, dich heute noch als seinen Herrn erkennen können. -

Nun müssen alle Kräfte in ihm weiter wirken wie die Räder eines Uhrwerks, das man einmal aufgezogen hat.

Du allein kannst auch „die Natur" er-lösen, und wenn darüber noch Millionen Jahre vergehen sollten!

Aber glaube nicht, dass dieser kleine Stern auf dem wir hier jetzt leben, für sich allein die Folgen deines „Falles" trägt!

Den ganzen physisch wahrnehmbaren Weltenraum mit allen seinen Sonnen und Planeten, hat der Mensch, durch seinen Fall aus dem Bewusstsein seiner Geistesmacht, dazu verurteilt, ohne „Gott" zu sein, denn nur dem Menschen allein war urbedingt einst anvertraut, was heute unsichtbare geistesferne Machtgier sich zu eigenem Herrschbereich erzwungen hat.

Unschuldig muss, durch des Menschen Schuld, unzählbares Lebende leiden!

Schuldhaft hat er über sein eigenes irdisches Leben gleiches Schicksal verhängt.

Nur durch den Menschen, der, in Furcht verfallen, seiner urgegebenen Macht vordem entsagte, kann alle Kreatur dereinst auch wieder ihren Peinigern entrissen werden, die an dem unsagbaren Leid sich weiden, das der Fall des Menschengeistes ungewollt bewirken musste.-

Nun höre weiter vom Schicksal des Menschen, - dem Schicksal, das nicht aufgehalten werden könnte, auch wenn ihm ursprünglich nur einer der Menschen allein verfallen wäre.

Stets neues Übel neu bewirkend, durchrollt es die Zeiten aller erdmenschlichen Generationen, und mehrt die Furcht: - die Urschuld, - in jedem der neuen Geschlechter.

So sank der Mensch herab von seiner geistigen Macht und in Gott gegründeten Größe, bis eine vergängliche Tierform seinem Selbsterleben letzte Rettung bot. -

Was ihr „Urmenschen" nennt, waren jene Tiere, denen sich der geistgezeugte Mensch: - der „Herr der Erde", einte, nachdem er, durch Furcht überwunden, aus seiner Gotteseinung „gefallen" war ...

Dennoch hat ihn die Kraft aus der Höhe nicht ganz verlassen!

Aus urgegebenen Kräften lebend und den tierischen Körper durchdringend, verborgen dem Tiere. und im Tier verhüllt vor sich selbst, ahnt er doch Selbstkraft in sich wie ein fremdes, höheres Wesen.

Das Tier wurde Zuflucht dem Gefallenen, der ohne Heimat irrte, - denn die Heimat kannte ihn nicht mehr, - und des Tieres Leib ward ihm auch zur Höhle der Erlösung ...

Sobald nun Selbstkraft in ihm zu leuchten beginnt, jauchzt er im Tiere, und alle Brunst des Tieres wird in diesem Lichte dunkel. -

Darum verlangt er im Tiere ungestüm nach solchem Licht, - und immer mehr treibt heischendes Begehren ihn diesem Lichte entgegen nach jedem neuen aufgenommenen Strahl.


Einige der Wesen, die sich hier auf Erden nun „Menschen" nennen, - deren Mut gestärkt war, da sie aus dem Geiste her der Tierheit banges Mühen sahen, dem sie selbst entgegengingen, - strebten mit solcher Gewalt dem Lichte zu, dass sie das Licht bereits vor ihrer irdischen Geburt wieder erreichen konnte.

Diesen wurde Selbstkraft aufs neue zum Eigentum!

Sie wurden die ersten Helfer ihrer im Tiere schlafenden Brüder und dieser ihrer Brüder Schwestern.

Sie wurden die sehenden Augen der Welten!

Sie beherrschen die Kräfte des lebenden Feuers, die ihnen dienen mit feurigem Eifer ...

„Weisst du nun, was ich bin - ? -" fragte nach dieser Rede der Meister. Und sein Schüler, wie aus einem Traume erwachend, antwortete verwirrt, indem er sprach:

„Ja, Herr! - Ich glaube nun zu ahnen was du bist.

Allein: - erkläre mir doch, der du so vieles mir schon erklärtest, - war es dein Vater, der dir solche Geisteskraft vererbte, oder gab dir deiner Mutter Leib die Gabe solchen Erkennens?

Verzeihe mir, wenn meine Frage mehr erfragen sollte, als du mir beantworten willst!

Du weißt, dass ich vor dir mich in Ehrfurcht beuge, - aber mein Auge kann nicht vergessen, dass es dich als einen Menschen vor sich sieht, gestaltet gleich anderen Menschen, und vergebens späht es danach, an dir zu entdecken, was deines lichten Erkennens leibliche Ursache ist."

„Törichter!" erwiderte der Meister, „ich glaubte, du fragtest nach mir! - Du wolltest wissen, was ich sei!?!

Indessen hast du nach dem Tiere gefragt, das mir hier noch zur Nahrung dient, und verzehrt wird von mir, indem ich dieser Welt durch seine Kräfte lebe. -

Woher ich habe, was dir meine Worte gaben, sagte ich dir auch heute wieder.

Allein, du hörst nicht, was man dir sagt, denn immer schläfst du noch den Schlaf in dem ihr euer Leben denkend euch erträumt!

Wisse, dass meine Worte dir Wissen im Urlicht gaben, und dass nur, wer Selbstkraft besitzt, Wissen im Urlicht erlangt! -

Nun aber, - nun sage du mir, was du bist? - - denn also verlangt es das Gesetz, dass ich an dich die gleiche Frage richten muss, die du in diesem Heiligtum an mich gerichtet hast.

Was bist du?! - Der du von vielem gemeistert wirst und noch so weniges meistern lerntest! - -"

Da antwortete der Schüler:

„Meister, du fragst mit harten Worten, was wohl nur du mir sagen könntest. -

Ich - - weiß es nicht!"

Und der Meister sprach:

„Nie war ein Mensch so kühn wie du!

Wie konntest du diesen Tempel betreten, - diesen Tempel, der Keinen entlässt, der meiner Frage keine Antwort weiß, - wenn du nicht einmal sagen kannst, was du bist!?

Unseliges Nichts! - Wenn du nicht weise genug zur Antwort bist, so lass' meine Frage wenigstens deine Klugheit wecken, damit diese Mauern nicht dein Verderben sehen!"

Kaum seiner Stimme mächtig vor Erregung, und an allen Gliedern bebend, gab nun der Schüler diese Antwort:

„Du, der alles liebt, - wie dürftest du deinen Schüler töten lassen, nur weil er auf deine Frage hier keine Antwort weiß?- -

Ich mag vielleicht wirklich Nichts sein, wie du ja sagst, - mag auch dein Wort verborgenen Sinn in sich beschließen. -"

„Du Tor!" sagte darauf der Meister mit kalter Stimme und mit hartem Spott, - „du bist nicht nur Nichts in irgendwelchem geheimen Sinne, sondern dem allgemeinen Wortsinn nach!

Nichts sehe ich, dem ich die große Weihe übertragen könnte, die einer von uns dem anderen weitergibt, seitdem der erste aus uns sie durch das Urwort aus dem Urlicht empfing.

Nichts sehe ich vor mir, was diese Weihe tragen könnte, solange du noch nicht weißt, was du bist!

Vordem stand noch mein Schüler hier.

Nun sehe ich Nichts, und rede zu Nichts."

Da schrie der Schüler auf wie ein Fieberkranker:

„Meister! - Mein Lehrer! - - Du höhnst deinen Schüler!

Du willst mich verderben!

Du redest, wie du nie vorher zu mir geredet hast!

Du weißt, wer vor dir steht!

Du weißt, was ich bin!

Du weißt, dass ich nicht hier vor dir stünde, wenn ihr mich nicht gerufen hättet!"

„Was wagt mich hier zu schmähen?" erwiderte verächtlich der Meister.

Und der Schüler schrie so laut, dass seine Stimme schrill von den dunklen Wänden widerhallte:

„ICH bin es!! - - Aber ich schmähe nicht!

ICH, dein Schüler!!

ICH SELBST bin es, der ich hier vor dir stehe!!"

Als der Schüler diese Worte hinausgeschrien hatte, verließ ihn die Macht über seine Sinne, und er sank hin wie leblos.

Endlich, nach einem langen und tiefen Schlafe, erwachte er.

An dem Lager, auf das man den fast Leblosen gebettet hatte, stand der Meister.

Der Schüler sah um sich und erkannte den Ort nicht mehr, denn er war nun in den inneren Räumen des Tempels.

Dann erkannte er aber den Meister, und sah, dass sein Angesicht leuchtete vor Freude.

„Stehe auf", sagte der Meister mit liebeerfüllter Stimme, - „stehe auf und ersteige jetzt die erste der sieben Stufen, die dich zum Heiligsten des Tempels bringen.

Dort wirst du die Kraft erlangen, der die feurigen Kräfte gehorchen ...

Du hast nun die Probe der Schwelle bestanden, denn zum ersten Male ward jede Faser deines Körpers zum - Wort! -   Vorher waren nur Kopf und Herz lebendig.

Nun ist im Schrei deiner Todesangst Alles in dir zum Leben erwacht!

Nun ist der Mensch im Tiere zu sich selbst gekommen und sein Schlaf ist überwunden!"


Der Schüler hörte diese Worte und wusste nicht wie ihm geschah.

Halb zweifelnd noch ergriff er die Hand des Meisters und sprach:

„O du Gütiger! - Wie groß ist doch dein Herz! - Was soll ich tun, dir zu danken?!"

Aber der Meister schüttelte das Haupt und sagte mit ruheerfüllter Stimme:

„Steige die Stufen! Und wenn du vermagst, dieser Aufgabe zu entsprechen, wie ihr entsprochen werden muss, - dann werde ich dich wiedersehen.

Wer reif zum Finden ist, der wird hier gefunden.

Wenn du aber zu früh gekommen bist, dann wirst du diesen Mauern auch jetzt noch nicht entrinnen.

Lebe wohl!

Vielleicht - siehst du mich wieder!

Noch stehst du vor dem Letzten!"


Darauf führte der Meister seinen Schüler schweigend durch lange und gewundene dunkle Gänge, - und schweigend verließ er ihn, als sie angelangt waren vor den sieben hohen Stufen.

Allein, - ohne jede Hilfe, - musste der Schüler zu steigen versuchen.

Fest, gesammelt, und mit eisernem Willen, gelang es ihm, nach langewährendem, immer vergeblichen Bemühen, endlich die Höhe der ersten Stufe zu erreichen.

Jede neue Stufe war noch weit schwerer zu erklimmen als die vorher erstiegene.

Oft drohten seine Kräfte ihn zu verlassen.

Die siebente Stufe aber war kaum zu ersteigen, denn sie war - so hoch wie er selbst ...

Mit seiner letzten Kraft musste der Schüler versuchen, über sich selbst hinaufzugelangen, bis er, nach unsäglicher Anstrengung, endlich vermochte, sich auf diese höchste der Stufen emporzuschwingen.

Hier zeigte endlich sich der Weg nun frei, zum Heiligsten des Heiligtums.

Im Heiligsten des Tempels angelangt, fand der Schüler hier Alle, die vor ihm die gleichen Stufen erklommen hatten, und unter den allhier Versammelten gewahrte er auch den Meister, dessen Schüler er war.

Als er ihn erblickte, wollte er dankbar des Meisters Hände küssen, denn wohl fühlte er, welche Veränderung mit ihm selber vorgegangen war, und dass er die Kraft nun besaß, die ihm der Meister verheißen hatte, falls er die sieben Stufen zu ersteigen vermöchte.

Aber der Älteste derer, die sich im Heiligsten des Tempels gefunden hatten, wehrte gütig ab und sprach:

„Wem willst du noch danken, - es sei denn Dem, in dessen Namen du zu Worte wurdest?! -

Siehe, wir Alle sind: - Einer in Einem! - In dir war, was uns zu dir rief! -

In dir war, was zu sich selbst gelangen wollte! -

In dir war, was in dir vollendet wurde! -

Du lebst nun in uns, und wir in dir!

Wir, - Alle Einer, - aber leben in Dem, der uns eint!

Ihn erkennend, beten wir Ihn an - in uns selbst ..."

So war der Schüler selbst zum Meister geworden, und nun Allen vereint die vordem ihn geleitet hatten, da sie ihn bereitet fanden zur ewigen Einung, - schon ehe er hier auf Erden geboren worden war.


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Die Frage des Königs


"Erkläre mir, Unsterblicher," - begann der König, - „warum die Weisheit eines jeden Weisen eine andere ist? -

Der eine, wie der andere nennt seine Lehre: Wahrheit, und doch sind ihre Lehren grundverschieden."


„Sie lehren alle das Gleiche!" - sprach jener, von dem sie sagten, dass er die große Einung erlangt habe, die jeden, der sie erreicht hat, all-einig macht, so dass er nie mehr mit sich selbst im Streite liegen kann, und nie mehr zu scheiden ist von den ewig einigen Erkennenden im urgezeugten Licht.


„Verzeihe, Großer Lehrer, dass ich dir widersprechen muss!"- erwiderte der König. „Ich habe vieler Weisen Lehren eingesogen, und jede schmeckte anders.

Der eine sprach von vielen leiblichen Geburten des gleichen individuellen Lebens in vielen, nach jedem Körperverlust erneut entstehenden Leibern, - der andere aber wusste vielmehr von vielen seelischen Geburten in nur einem, einmalig dargebotenen Erdenleib, während eines einzigen Lebens auf dieser Erde. -

Dem einen galten Götter als Richter, - dem anderen aber stand der Mensch hoch über allen Göttern, und nach solcher Lehre sollte der Vollendete Göttern gebieten können.

Wie willst du das alles vereinen?! -"

„Es ist die Rede von einer Wahrheit in allen diesen Lehren!" - sagte der Weise.

„Wie aber können denn diese Lehren so Verschiedenes künden, wenn sie im Grunde nur eine und die ewig gleiche Wahrheit bergen? -" fragte darauf der König.

Und der Weise antwortete ihm:

„Grosser König, vernimm ein Gleichnis!

Ein Meister saß an einem strahlenden Tage mit seinen Schülern am Ufer des Meeres.

Keine Welle zerriss den grenzenlosen Spiegel, und die Kuppel des Himmels leuchtete wie ein einziger Edelstein.

Da baten die Schüler den Meister, dass er mit ihnen in ein Boot steige, um sich von ihnen durch Ruderschlag hinausführen zu lassen auf die Höhe der Meeresweite.

Der Meister bestieg das geräumige Boot, und seine Schüler zogen die Ruder an, bis das Land ihren Blicken entschwunden war.

Als sie dann Ruhe hielten unter einem ausgespannten Sonnensegel, sagte der Meister:

„Ich will euch prüfen an euren eigenen Worten, ob ihr schon seht, was ich euch sehen zu lehren suche.

Sagt mir darum, was ihr seht!"

Da fing der erste der Schüler sein Bild auf dem glatten Wasserspiegel und bewunderte sehr, wie getreu ihn die Oberfläche des Meeres widerstrahle.

Der zweite sah über die Wasser und fand ihr Ende dort, wo das Gewölbe des Himmels sie berührte, - und da er wohl wusste, dass ihm in dieser Ferne das gleiche Rundbild beschieden sein würde, so wurde sein Herz ergriffen vom Erfühlen solcher unfassbaren Weite, worauf er denn ergreifend in ehrfurchtsvollen Worten die Unendlichkeit pries.

Als nun der dritte reden sollte, sprach dieser von dem Schwarm der Fische, die in dem tiefen klaren Wasser das Boot umschwärmten, und er beschrieb mit Liebe die geschmeidigen Formen in ihrem farbenschillernden Schuppenglanz.

So redeten sie alle von anderen Dingen und waren doch alle am gleichen Ort. -

Als nun noch der vierte vom Lichte gesprochen hatte, das alles umstrahle, - und nachdem er, dieses Lichtes trunken, laut, in wohlgesetzter Rede des feuerglänzenden Gestirnes Lob zu verkünden wusste, dem alles Erdenlicht zu danken ist, - sahen die Schüler erwartungsvoll ihren Meister an, denn es schien den dreien die zuerst gesprochen hatten, gewiss, dass nur der vierte die Antwort gegeben habe, die der Meister erwarte.

Und der Meister sprach:

„Ich sehe die Sonne und sehe das Licht, - ich sehe die scheinbar grenzenlose Weite, - sehe die Tiere des Meeres, die den Schatten unseres Bootes umdrängen, - und ich sehe auch mich selbst in dem flüssigen Spiegel, - - aber - ich sehe mehr, und mehr als das alles will ich euch sehen lehren!"

„O sage uns, was du außer dem allen noch anderes siehst, geliebter Lehrer!" - baten nun die vier Schüler wie aus einem Munde.

Der Meister aber sprach:

„Habe ich euch denn noch immer nicht genug davon gesagt?

Seit vielen Monden sage ich euch von dem, was ich sehe, und ihr wisst es noch nicht?"

Da riefen alle:

„Noch nie, Meister, sind wir zusammen auf dem Meere gewesen, und du willst uns davon gesprochen haben!? -"

„Sagte ich denn, dass ich vom Meere erzählt hätte, oder sprach ich nicht vielmehr von dem, was ich sehe!?" erwiderte der Meister, und fuhr dann in seiner Rede also fort:

„Ihr habt mich auf das Meer herausgerudert, und ihr wart des Glaubens, dass ich euch vom Meere reden hören wolle, von der Weite der Wasser, und dem Lichte, das sich über sie ergießt.

Das Meer aber erzählt sich selbst, und alles erzählt sich selbst, was uns hier umgibt!

Wären tausend Schüler hier um mich in ihren Booten, so hätten meine Ohren tausend Erzählungen des Meeres, des Lichtes und der Unendlichkeit vernommen, - hörbar geworden in der Sprache des Menschenmundes ...

Aber wäre das im Palmwalde anders? - Oder auf den schneebedeckten Bergen des Himavat? -

Auch Wald und Berge erzählen sich selbst, und ich bin nicht genötigt, euch zu fragen, wenn ich ihre Erzählung vernehmen will.

Wohl aber wollte ich durch euch hören von dem, was ich an allen Orten sehe, und das dennoch zeit- und ortlos ist! -

Wer das erschaut, der vergisst darüber die Erzählungen des Himmels und des Meeres, der Berge und der Wälder! - -

Ihr sucht noch draußen, weil euer inneres Reich noch keine Sonne sieht und darum finster ist ...

Wenn ihr aber eurer Reiche „Könige" einst geworden seid, dann muss alles, was draußen liegt, zu euch kommen, und euch Tribut entrichten, wann immer ihr es verlangt. -

Lasst also alles was draußen liegt, ruhig sich selbst erzählen, wie es sich euch erzählen mag, und stellt keine Fragen, die euch von draußen her vorerst ja doch nicht beantwortet werden!

Wartet, bis ihr Herren in euch selber seid, auf dass man euch draußen geben müsse, was ihr verlangt, denn wenn ihr als Bettler hinauszieht, gibt man euch, was man mag! - -"

Als die Schüler diese Rede vernommen hatten, schwiegen sie beschämt, und jeder bewegte des Meisters Worte im eigenen Herzen.

Da der Abend nahe war, suchte man nun mit scharfen Ruderschlägen wieder dem Lande sich zu nähern, und jeder Ruderschlag wurde den Schülern zum Gelöbnis, vor aller Frage an das, was draußen liegt, zuerst die Herrschaft in sich selbst zu erstreben."

„Demnach", sagte der König, als der Weise seine Erzählung hier beendet hatte, - „demnach möchte ich glauben, dass Verschiedenheit der Lehre nur bei denen sei, die noch „draußen" stehen? -"

„So ist es wohl, o König", - sprach der Vollendete, - „aber vergiss dabei dennoch nicht, dass jene, die von ihrem Innen künden, nachdem sie Herren in sich selbst geworden sind, doch auch nur in ihrer Zunge reden können! -

Wenn du die Wahrheit ganz nach deiner Art erkennen willst, musst du sie selbst in dir selber suchen!"

Da nun der König schwieg, erhob sich der Weise, wie einer, der weiß, dass man ihn nicht mehr braucht, durchschritt das Gefolge und ging von dannen, versunken in sein inneres Licht.

Der König aber beratschlagte bei sich, ob er wohl selbst ein Seher der Wahrheit werden möchte?

Nach einer Weile jedoch gab er seine Gedanken auf und sprach zu sich selbst:

„Wer weiß, ob ich die Wahrheit in mir finden würde?!

Wer weiß auch nur, ob sie mich nicht längst schon verlassen hat, da sie sich von mir verlassen sah?!

Weshalb soll ich auch selbst der Wahrheit ins Auge sehen müssen?!

Vielleicht wäre ich meiner Wahrheit selbst nicht sicher, und wie sollte ich dann wissen können, was Wahrheit sei?!

In meinen Landen aber leben so viele Weise, und allenthalben lehren erfahrene Lehrer.

Mir, dem Könige, müssen sie um ihre reinste Erkenntnis sagen, und ich kann annehmen, was ich mag.

Auch meine Vorväter ließen vor sich nur das als Wahrheit gelten, was sie wahrhaben wollten, und ich will mir die gleiche Freiheit wahren!"

So kam es, dass dieser König ohne Wahrheitserkenntnis blieb bis an sein Ende.

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Die Wanderung


Der Schüler, dessen Heimat im Abendlande gelegen war, fern von dem großen Gebirge an dessen Abhang der Meister lebte, hatte eben die Frage gestellt nach dem erhabenen Lehrer aus Nazareth, und bat um Belehrung.

„In meinem Lande", sagte der Schüler, „gibt es viele berühmte Lehrer, die nicht glauben, dass Jener einst über die Erde geschritten sei, und sie meinen, dass die Sage seine Züge gebildet habe, - ja, es gibt einzelne die des Glaubens sind, die Erzählungen seines Lebens seien nur verhüllte Berichte von einem Sternenmythos, der einst den Menschen der Vorzeit heilig gewesen sei.

Du, o Lauterer, aber hast schon des öfteren Worte zu mir gesprochen, die du wohl mit Absicht den Büchern entlehntest, die von dem Leben des jüdischen Lehrers und seiner Lehre zu erzählen wissen.

Du warst voll Ehrfurcht, wenn du seinen Namen nanntest, und so ich dich recht verstanden habe, steht er dir höher als alle anderen, die jemals den Weg der Einung gegangen sind? -

Weshalb nun finde ich dich nicht unter denen, die sich als Gläubige des auch von dir so hoch verehrten jüdischen Meisters bekennen?"

So fragte der Schüler, da er noch nicht wusste, wer „der Meister" in jedem geistgeborenen Meister ist ...

Der Befragte aber lächelte nur gütig und verstehend, aber er antwortete nicht.   Da sagte der Schüler, der nun in Zweifel geriet, ob seine Frage nicht am Ende ungehörig gewesen sei, in einiger Verlegenheit:

„Wohl hast du recht, du Gebieter über geistige Kräfte, von denen meine Lehrer im Abendlande mir nichts zu sagen wussten, wenn du meine Frage bei dir verlachst!

Wie magst du uns Menschen des Westens voll Mitleid betrachten. -

Aber dennoch bitte ich dich, du wollest wenigstens die eine Frage deiner Antwort würdigen: -

Wäre es nicht weit besser für uns Abendländer, wenn wir dieses jüdischen Lehrers Lehre auf sich beruhen und unbeachtet lassen würden, gleich einer Sage, die uns heute nichts mehr zu sagen hat?

Jede Zeit hat doch ihre zeitgerechte eigene Weise, sich der Wahrheit zu nähern."

Bei diesen Worten stand der Meister still.

Die beiden Wanderer waren jetzt auf der Höhe angelangt, die eines Flusses Wasser von dem eines anderen schied.

Eine mächtige, vierkantig flächige Steinsäule, die aus einem einzigen Felsen voreinst herausgehauen worden war, bezeichnete den Ort.

In der Schrift des Landes trug sie in erhabener Größe tief eingemeißelt die heiligen Silben:

OM MANI PADME HUM -

was da bedeutet: „Wahrhaftig! Die Lotosblüte birgt das Geheimnis!"

Unterhalb dieser Worte aber war ein Zeichen, das den fremden Pilgern den Weg zum Ziel ihrer Wallfahrt angab.

„Meinst du nicht, dass es besser wäre", - begann der Meister, so als ob er die Frage des Schülers, wohl in eigene Gedanken versunken, überhört haben möchte, - „wenn diese riesengroße alte Säule hier verschwinden würde?

Ich habe bei den Völkern deiner Rasse Anderes gesehen, und ich gedenke dahin zu wirken, dass aus der großen Stadt im Süden einer der zeitentsprechenden neuen Wegzeiger hier heraufgebracht wird, gefällig bemalt und mit allerlei Zier versehen, so, wie ihr Menschen des Westens sie aus Eisen zu gießen wisst.

Die Pilger sollen sehen, dass die Mönche unten im Kloster nicht so weltferne sind, dass sie nicht doch ihrer Zeit zu genügen wüssten!

Die längst schon der Zeit recht ungemäße Säule mag man dann stürzen und in der Schlucht dort neben dem Pilgerpfad zerschellen lassen.

Was hätte uns auch dieser Felsblock heute noch zu sagen?! -"

„Du redest doch nicht im Ernst, Meister?" erwiderte der Schüler erschreckt.

„Zwar sieht man der Säule wohl an, dass sie alt ist, aber sie zeigt die großen einfachen Formen, die zu keiner Zeit veralten können, und die heiligen Silben sind in einer Schriftform eingemeißelt, die an Schönheit wahrlich ihresgleichen sucht.

Wie könntest du dieses gewaltige Werk, das von erhabenster Würde zeugt, zerstören lassen, um an seiner Stelle eine aller Größe entratende, barbarisch geschmacklose Tafel aus Eisenguss aufzurichten, wie man sie leider heute an allen Straßen sieht!?!

Wie könnten die heiligen Silben dir derart gleichgültig sein, dass du es ertragen möchtest, wenn man sie auf einen solchen erbärmlichen bunten Firnis malen wollte?! -

Auch ist auf solcher Höhe, allen Stürmen dargeboten, dergleichen nur von kürzester Dauer!

Die Säule, aus einem einzigen Felsen geformt von erhabener Hand, steht aber schon mehr als tausend Jahre hier und kann noch viele tausend Jahre hindurch allen Pilgern, die sie schon von ferne sehen, ihren Weg zum Tempel zeigen, - und sie selbst ist schon ein hohes Heiligtum: - wahrhaft der Gottheit würdig!

Du redest doch sicher nicht in vollem Ernst, denn wie könnte das, was hier entgegenspricht, dir, dem doch alles menschliche Fühlen sich offenbart, auch nur einen Augenblick lang verborgen gewesen sein??-"

Da lächelte der Meister wieder, und schwieg, wie er vordem geschwiegen hatte.

Dann gingen sie. Schweigend wanderten sie zu Tale, - den ausgedehnten Gebäuden des alten Lamaklosters zu, in dessen Nähe der Meister sich zurückgezogen hatte.

Der Schüler aber sann darüber nach, warum wohl sein Lehrer ihn immer wieder zu zwingen wusste, sich auf jede Frage selbst die Antwort zu geben, - wie es nun auch hier geschehen war, bei der Frage nach dem Meister von Nazareth ...


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Osternacht

Die Zinnen und Türme der Tempelstadt zeichnen zarte Schattenrisse in die vom Lichte des Vollmonds trunkene Luft.

Die Talweite ist erfüllt von silberschimmerndem Leuchten und über die kahlen Höhen des judäischen Gebirges legt es sich wie ein glänzender Reif.

Wir sind ferne der Stadtmauer und vor uns liegt ein Ölhain.

Wie eine graugrüne Wolke schmiegt er sich an den schroffen Absturz eines Hügels.

Nahe der senkrechten Felswand aber hat man eine Zeile ernster dunkler Bäume gepflanzt - man kann sehen, dass Menschenwille sie also setzte - und nun streben sie über die graugrüne Laubwolkenmasse empor wie eine Schar schwarzgepanzerter Wächter.

Es herrscht tiefste Stille.

Aber war es nicht eben wie eine weiße Gestalt, dort am Rande des Ölhains, wo lichte Schatten ihn von der Asphodeloshalde trennen? -

Doch! - Es bewegt sich dort etwas!

Ein Mensch!

Einer im weißen Gewande tritt behutsam hervor, hebt den Arm über die Augen, weil ihn wohl das Mondlicht blendet, und sucht sorglich das freie Gelände ab ...

Nahebei führt ein Weg dem Gebirge zu.

Wie ein helles Seil, das einer achtlos fallen ließ, liegt der Weg da. Man kann ihn gut mit dem Auge verfolgen, bis er auf mäßiger Höhe sich zwischen vorgelagerten Felsen verliert.

Der Späher sucht noch immer nach allen Seiten hin, aber er findet offenbar nichts, das ihn beunruhigen könnte.

Jetzt tritt er wieder in die blauen Schatten zurück und verschwindet unter den Ölbäumen.

Was wollte er nur?...

Aber schon sieht man wieder Weißes aufleuchten; doch diesmal müssen es Mehrere sein, denn gleichzeitig gewahrt man da und dort zwischen den gewundenen Stämmen einen weißen Fleck aufblinken und wieder verschwinden.

Eben tritt einer heraus ins Freie.

Nein, - noch einer!

Sie tragen etwas. Es scheint eine schwere, kostbare Last zu sein ...

Nun kommen noch zwei, und jetzt sieht man deutlich, dass es ein Mensch sein muss, oder gar eines Menschen Leichnam, den die Vier so behutsam zu bergen trachten.

Er ist auch in Weiß gehüllt wie sie selbst.

Was mag sich da nur ereignet haben? -

Jetzt haben sie lautlos die Asphodeloshalde durchschritten und sind auf den Weg gelangt.

Nun sieht man es noch deutlicher, dass sie einen der Ihren tragen.

Aber es muss ein Toter sein!

Unter seinen Knien haben sie eine lange Zeugbahn durchgezogen, die bis über der beiden Vorderen Schultern reicht.

Die beiden vorderen Träger halten mit beiden Händen das zusammengedrehte Tuch, das über ihren Schultern liegt, und sie tragen schwere Last.

Die zuletzt gehen, aber tragen den Oberkörper des Toten: - fassen ihn um den Rücken und unter den Armen.

Sein Haupt scheint zwischen ihren Schultern gestützt zu sein.

Es ist ein schweres Gehen für die Vier...

Nur langsam schreiten sie voran.

Nachdem sie schon geraume Weile gegangen sind und unseren Blicken undeutlicher werden, sieht man, dass sie vorsichtig Rast halten.

Man kann auch glauben, dass sie wieder das Gelände spähend durchforschen; aber auch während der Rast halten sie sorglichst ihren Toten in der gleichen Lage, in der sie ihn trugen seither.

Sie müssen ihn sehr geliebt haben, als er noch im Leben war! - So trägt man keinen, den man nicht liebte!

Es ist Ehrfurcht in der Art, wie sie ihn tragen ...

Sie sind weitergegangen.

Nun sind sie dem Gebirge schon sehr nahe.

Man sieht sie nur noch als etwas Weißes, das sich langsam fortbewegt, und wer sie vordem nicht gesehen hatte, würde sie schwerlich auf dem weißen Wege noch entdecken.

Jetzt biegen sie hinter die Felsen, die den Weg verschwinden lassen.

Nun sieht man nichts mehr von ihnen ...

Silberflimmernd liegt das Licht des Mondes über dem Gelände. Es ist wieder so, als ob der Weg noch niemals beschritten worden wäre ...

Plötzlich ein wilder Schrei - von dorther, wo die dunkle Baumzeile über den Ölwald ragt!

Dann andere Schreie - ungebärdig wie lautes Fluchen tobender Kriegsknechte - und aus dem Dunkel leuchtet roter Fackelschein, der sich der Stadtmauer zu, gleich dem Getöse, rasch entfernt.

Man sah das Fackellicht nur, solange es die dunkle Felswand bestrahlte und die Zeile der schwarzen Bäume.

Dann wurde sein Schein völlig aufgesogen im hellen Mondlicht.

Nun war nichts mehr zu erkennen.

Den Weg zum Stadttor hin kann man hier nicht sehen, sonst müsste man wohl die roten Fackeln wieder im Schatten der Stadtmauer gewahren.

Aber man sieht auf dem kahlen Scherbenberg vor der Stadt drei Kreuzgalgen aufgerichtet.

An zweien scheinen noch die Gehängten sichtbar, aber es ist, als sei der dritte Galgen leer ...

Ja, man kann es deutlich gewahren, dass er leer ist!

Es ist ja so hell in dieser Nacht.

Aber warum wurde er denn aufgerichtet?!

Es muss doch einer daran gehangen haben!

Weshalb der wohl abgenommen wurde?-

War es vielleicht jener, den die weißen Männer davongetragen haben?? Dann wäre er aber schnell verendet, denn manchmal hängen sie noch tagelang dort, fast wie tot, bis sie plötzlich wie wilde Tiere aufheulen und man sieht, dass es mit ihnen doch noch nicht zu Ende ist.

Vielleicht war es einer, der nicht viel Schmerz ertragen konnte, oder einer, der schon fast gestorben war unter den Misshandlungen der römischen Rotte, bevor sie ihn hängten ...

Aber wie kommt es nur, dass man ihn herunternahm? -

In dem Ölhain herrscht wieder Ruhe.

Wir wollen hinübergehen und sehen, was dort den Grund solchen Lärmens gab.

Jetzt ist sicher niemand mehr dort.

Das ist ja kein Ölwald!   Das ist ja ein offener Garten eines Reichen!

Auf guten Wegen sind wir schon bis zu den dunklen hohen Bäumen gelangt.

Ist dort nicht eine Öffnung in die Felswand gemeißelt?

Wahrhaftig! - Es ist ein Grab!

Es ist dunkel hier, denn des Mondes Licht wird durch die Felswand aufgehalten und wir haben keine Leuchte.

Da scheint es tief hineinzugehen, aber man darf sich nicht vorwagen, will man nicht in einen verborgenen Abgrund stürzen.

Doch, da kommt ja wieder eine solche weiße Gestalt!!

Wer mag das sein?

Sicher der Besitzer des Gartens!

Aber was macht er nur zur Nachtzeit hier?? ...

„Seid ihr solche, die den suchen, den man hier begraben hatte?!"

„Nein, wir wissen von keinem, der hier begraben sein soll, - wir sahen nur, wie vier Männer, gleich dir gekleidet, einen Toten aus diesem Garten trugen, dem Gebirge zu, und wir hörten dann hier großen Lärm und sahen Fackelschein."

„So bewahrt als euer Geheimnis, was ihr sehen durftet, - - aber wisset: der, den ihr hinaustragen saht, ist zwar seiner Marter erlegen, aber dennoch lebt er!"

„Wir sahen vordem, dass an einem der Galgen auf dem Scherbenberge keiner mehr hängt, und muss doch einer dort gehangen haben. - Ist es etwa der gewesen, von dem du sprichst?!"

„Der war es! - Und er ist mein Bruder! - Und die ihr ihn tragen saht, waren meine und seine Brüder! -"

„O, warum wurde er dann gerichtet?! - Du siehst wahrhaftig nicht aus, als wenn du eines Räubers und Mörders Bruder wärest! - -"

„Weil er die Menschen aus dem Tode löste, und weil die ewig Toten Rache heischten!"

„Das sind uns ferne Worte, seltsam zu hören, aber du redest so, dass man dir glauben muss.

Weshalb aber war der Lärm, den wir vordem hörten?"

„Das waren die Wächter, die wir in magischen Schlaf bannten, um unseres Bruders Erdenleichnam holen zu können, der für kurze Zeit in diesem Grabe ruhte, auf des reichen Freundes Bitte, die der Mächtige in dieser Stadt gewährte.

Sie sollten das Grab bewachen, und als ich sie erweckte, so als ob ich des Weges gekommen sei und nicht wüsste, weshalb sie hier schliefen, zündeten sie ihre Fackeln an, fanden das Grab geöffnet und leer.

Darum ihr wüstes Schelten!

Nun suchen sie in der Stadt nach denen, die das Grab geöffnet haben könnten und möchten den Leichnam finden.

Ich aber bleibe hier, um die Freunde und Schüler des Bruders zu trösten, wenn sie kommen werden, vor seinem Grabe zu klagen.

Ich bleibe hier, um ihnen zu sagen, dass er lebt!"

„Aber wir sahen doch, wie deine Brüder seinen Leichnam von dannen trugen!"

„Dennoch lebt er, dem dieser Leichnam Kleid und Hülle war, solange er Kleid und Hülle brauchte um denen, die nur Kleid und Hülle sehen, den Geist zu offenbaren! -" „Wenn du Wahrheit redest, so sage auch uns denn, wo dieser Lebende zu finden ist, denn du redest wie von einem, den man suchen möchte, und müsste man auch wandern bis an der Erde Grenzen!-"

„In euch selbst!"

Und während wir verwundert uns ansahen, nicht wissend, was diese Worte besagen wollten, war der Weißgekleidete von uns gegangen ehe wir es bemerkten, und als wir nach ihm riefen, erhielten wir keinerlei Antwort ...

Erst in späteren Tagen wurde uns Licht gegeben und wir sahen den Lebenden und wir erfassten seine hohe Lehre und er war von da an in uns selbst!

Während der Weißgekleidete da zu den Fragenden gesprochen hatte, warteten zwei seiner Brüder in einer nicht allzu fernen Felsenschlucht im Gebirge auf jene anderen vier, die den Leichnam des Bruders brachten.

Die Wartenden hatten Holz und Reisig herbeigetragen und hochgeschichtet, so dass der Leichnam darauf ruhen konnte.

Nun sahen sie die Träger herannahen und eilten den Ermüdeten entgegen, um ihnen tragen zu helfen.

Erschüttert - in worteloser Ergriffenheit - hoben die sechs Männer den Leichnam des Bruders, dessen Werk vollbracht war, auf den Holzstoß und übergaben ihn der am Steine entzündeten Flamme ...

Von der Ferne her konnte man kaum eine leise Rauchspur gewahren, die sich mählig über dem Gebirge verzog, als schon die Strahlen des ersten Frührots die Höhenrücken färbten.

Der wahrhaft Auferstandene aber hatte alles so gewollt, und seine Brüder hatten nur getan nach seinem Geheiß.

Es sollten seines Erdenleibes modernde Reste nicht die Auferstehung hindern, die er in der Seinen Seelen sich bereitet hatte.- -

Er aber war nun von allem gelöst, was nicht des Geistes war an ihm, und frei geworden, war er nur mehr seiner geistigen Gestalt bewusst, - nicht wissend mehr die Unbill, die dem Erdenleibe widerfahren war.

Selbst auferstanden in seiner Geistgestalt, ist er seit jenen Tagen in der Geistessphäre dieser Erde in erhöhtem Leben, allen Auferstehung, die in Tat und Leben seiner Lehre wahre Jünger sind. -

So lebt er mitten unter den Seinen wie er einst verheißen hatte: - „bis ans Ende der Welt!"



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Vereinung

Als ich angelangt war vor dem Hause der Weisen des Lichtes, begann ich an die Pforte zu pochen, wie einer der da mit Berechtigung Einlass begehrt, - aber niemand kam, der geöffnet hätte.

Da überfiel Traurigkeit meine Seele, und ermattet schlief ich ein vor der Schwelle.

Als ich nach wüsten, angstvollen Träumen erwachte, stand ein Mann vor mir, der ein Lasttier mit sich führte, und das Tier war beladen mit geflochtenen Rohrkörben voll frischen Brotes.

„Was willst du hier, Fremdling", sprach der Mann zu mir.

„Weißt du nicht, dass diese Pforte sich keinem öffnet, der nicht zuvor aus ihr herausgetreten ist?"

Ich aber erwiderte:

„Wehe mir, wenn deine Worte Wahrheit künden, denn ich komme weiten Weges, da mich der Meister also gehen hieß zu denen, die in diesem Hause wohnen, damit ich aufgenommen werden könne in den Kreis ihrer Gemeinsamkeit."

Da sprach der Mann zu mir:

„Auch ich gehöre zu denen, die in diesem Hause wohnen, und dein Verlangen ist meinem Geiste wohlbekannt, - allein, ich sage dir: - Keiner ist je über diese Schwelle geschritten, der nicht vorher gestorben wäre!

Findet er sich nach seinem Tode in diesem Hause wieder, dann geht er fortan ungehindert ein und aus.

Willst du also sterben um zu uns zu kommen, dann mag dich dieses Tier als einen Toten über die Schwelle tragen!"

„Wie sollte ich nicht sterben wollen", war meine Antwort, - „wenn ich anders nicht in eure Gemeinsamkeit gelange?! -

Töte mich eilends, auf dass ich über die Schwelle komme, denn ich weiß, dass jenseits dieser Pforte mein Tod beendet ist!

Bist nicht auch du vormals gestorben, ehe du durch diese Pforte gelangtest, und stehst nun doch lebend vor mir?! -"

„Es geschehe dir nach deinem Willen", antwortete der Mann, und allsogleich fühlte ich, wie mein Körper leblos wurde: - wie mein Wissen um mich selbst erschauerte ...

Aber ehe ich noch erkannte, dass ich gänzlich meinen Leib verlassen hatte, fand ich mich seltsamerweise wieder als eines der Brote, die in den Rohrkorbbeuteln waren.

Ich wollte rufen, aber ich konnte nicht.

Es war nicht anders, als wenn man aus schwerer Traumnot rufen möchte und es nicht vermag.

Ich wollte entfliehen, aber das Brot war mein Leib geworden und bewegte sich nicht.

Da ermattete mein Bewusstsein, und so muss man mich wohl in das Haus und auf die Tafel gebracht haben, wo ich mich bald darauf, neben anderen Speisen vor der Schüssel des Ältesten der Weisen liegend, wiederfand.

Nicht lange lag ich so - immer noch wie in einem schweren dumpfen Traume - als ich die Stimme des Ältesten der Weisen vernahm, die da sprach: „Gesegnet und geheiligt sei dieses Brot, das Nahrung werden will dem ewigen Geiste!

Ewig sei es im Ewigen Nahrung der verhüllten Gottheit!"

Nach diesen Worten brach er das Brot, das ich selber war, entzwei, und ich fühlte den Riss durch meinen Leib hindurch, als wenn man meine menschliche Gestalt zerteilt hätte.

Bebend vor Schmerz schien mir Vernichtung nun gewiss, und ich ersehnte sie als Erlösung, denn der Gewalt, der ich aus freiem Willen mich dahingegeben hatte, war nicht mehr zu entfliehen.

In immer mehr Bissen zerbrach der Älteste das Brot, um allen seinen Brüdern davon zu geben, und in jedem der Bissen war ich selbst lebendig.

Mein Wissen um mich selbst umnachtete abermals ...

Doch nicht lange sollte diese Umnachtung währen, denn bald schon entstand um mich eine Klarheit, die ich noch nicht kannte, so hell auch vordem einst jenes Leuchten war, in dem mich der Meister die Dinge der drei Welten sehen lehrte, ehe er mich den Weg zu dem Hause der Weisen erwandern hieß.

Auch fand ich mich plötzlich wieder in einem menschlichen Leibe und wusste kaum zu fassen, dass ich nicht mehr ein Brotring war, von jener Form des Brotes, wie ich sie in den Rohrkorbbeuteln gesehen hatte, die das Lasttier vor der Pforte trug.

Und siehe: - ich sprach, - und was ich sagte, waren Worte des Ältesten der Weisen ...

Sein Leib war der meine geworden, und mein Geist von dem seinen nicht zu trennen.

Als aber die Weisen: - seine Brüder, - bemerkten, was sich ereignet hatte, sprach ihr Sprecher, in dem ich den Mann erkannte, der mich vordem vor der Schwelle fand:

„Jubel sei in unserem Kreise, denn es ist uns ein neuer Bruder geboren, und du, o Ältester, der die ewige Kette der Leuchtenden schmiedet, - du hast mit dem Hammer den offenen Ring zum Glied der Kette geschlossen!"

„Ihr sagt es!

Diese, deine Worte künden meine Ankunft."

So sprach ich nun aus dem Munde des Ältesten der Weisen.

„Als Speise bin ich euch gekommen um in eurem Geiste geboren zu werden.

Doch, nun gebt mir meinen Mantel wieder, damit ich nicht in eines Anderen Kleid hier bei euch bin, während der Andere sich verborgen hält!"

Auf meine Worte hin verließen die Weisen ihre Sitze an den Tischen, und geführt von dem Ältesten, dem mein Geist geeint war, zogen sie alle hinaus vor die Pforte.

Da aber lag mein Erdenleib leblos und starr wie tot.

Der Älteste jedoch neigte sich über ihn, und sprach überaus leise, so dass es mehr wie ein Anhauchen war, diese Worte:

„Du bist ich!

Diene dir in mir und mir in dir nun aus diesem, deinem Erdenleibe!

Du bist nun geboren als Speise dem Leben des Lichtes, das alles ernährt!"

Als er diese Worte ausgesprochen hatte, fühlte ich, wie mein Empfinden aus dem Erdenleibe des Ältesten auszog, während mein Geist dem seinen vereinigt blieb. Zugleich aber fand sich mein Bewusstsein wieder in dem Leib in dem ich vor die Pforte gekommen war, und doch war es nicht mehr ganz der gleiche Körper von ehedem ...

Es war etwas in ihm verwandelt worden, und ich konnte jetzt im Inneren meines Leibes die Dinge der drei Welten sehen, so, wie ich vordem nur im Äußeren durch das äußere Auge sah.

Nachdem ich mich nun erhoben hatte, empfingen mich die Weisen, wie einen auf den man lange gewartet hat, in überschwenglicher Freude.

Und als sie den Neugewordenen durch die Pforte ins Innere des Hauses führten, begann der Älteste, in Gottheit trunken, eine Weise zu singen, deren Worte sich also fügten: „Lebe der Liebe, zur Nahrung dem Lichte! - Lehrend Erleuchteter, leuchte der Welt!"

Und der Chor der Weisen, die mir nun zu Brüdern gegeben waren, ließ sich vernehmen im Wechselgesang:

„Lerne im Lichte dein Leuchten erkennen! - Lebe der Liebe und leuchte der Welt!"

In meiner Seele aber war das geistige Erkennen aller derer, die um mich versammelt waren.

Ich fand sie alle mir vereint, und war in jedem von ihnen bewusst geworden, wie ich es vordem nur in mir selber war ...




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DER WILLE ZUR FREUDE





Gott lebt in der Freude, -

nicht im Leid!

Des Leides Sklaven schufen

sich den „leidenden" Gott!

Dein Leid sollst du dir

dienstbar machen, damit es

deiner Freude Knechtund Helfer werde!









Allen, die zum Lichte streben!

Frage nicht nach Gott!

Überlasse die Frage nach Gott den Gottlosen und den Götzendienern!

Du zweifelst mit guten Gründen, wenn du Zweifel hegst, dass Gott unvernehmbar sei.

Wir jedoch wissen, dass Gott keinem antworten wird, der Ihn in Frage stellt!

Wir wissen, dass Gott den Lärm der Frager scheut ...

Wer aber weiß, ob er Gott nicht vernähme, wenn er nur Gottes Sprache hören lernen würde?! -

Dazu bedarf es der Stille!

Alles Schaffende bleibt in der Stille.

Bereite der Stille in dir eine Stätte, - auf dass Gott dir zum Freunde und Hausgenossen werden kann!

Zur großen Stille sollen diese Worte deine Seele leiten.

Wir werden dir hier eine Weile vom Menschen reden.

Vom Menschen aus müssen wir zu Gott gelangen, sonst bleibt uns Gott in Ewigkeit ein Fremder!

Wir wollen Gott nicht in der Trübsal des Herzens suchen, denn uns erzeugte Gottes Wille zur Freude! -

Wir wollen Gott nicht für dich durch Fragen erkunden, denn auch in der leisesten Frage lärmt schon der Zweifel ...   Wir lehren Gott in der Stille finden: - im Willen zur Freude!

Von denen, die aus den Ängsten ihres Herzens nach der Gottheit lärmen, kehren wir uns bewussten Willens ab, denn wie könnten wir sonst mit dir in die Stille gelangen.

Wir müssen allein sein mit dem Menschen, den wir in die Stille bringen wollen.

Der Mensch, der Gott vernehmen lernen will, muss erst sich selbst vernehmen lernen ...

Sich selbst muss er zu beantworten trachten!

Er muss sich selbst zu stummer Frage werden, und seine Antwort ist dann lautlose Tat.

Mit diesem, sich selbst erhörenden Menschen nur können wir in die große Stille kommen!

Mit ihm können wir die Wege wandeln, auf denen allein Gott zu er-hören ist ...

Nur dem, der sich selbst vernehmen lernte, kann die Lehre gelten, die wir hier formen.
 

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Die Lehre

Am Ufer des Meeres sah ich eine Mutter sitzen mit ihrem Kinde.

Das Kind spielte im Sande mit Muscheln und bunten Steinen.

All sein Spiel aber war ein Wählen und Verwerfen.

Sind wir nicht selbst derart spielende Kinder?! -

Wir wählen und verwerfen, und treiben es so durch Jahre und Jahrzehnte, bis wir zum Ende rüsten.

Ist nicht der gleiche Trieb das Treibende, der jenes Kind mit Muscheln und Steinen spielen ließ?! - Hier wollen wir verweilen!

Wir werden an dieser Stelle den Sonnenaufgang sehen.

Weshalb sollten wir um die Erde reisen durch die Nacht, der Sonne nachzulaufen?

Schon haben wir den Menschen gefunden, der selbst sich Frage, selbst sich Antwort ist.

Wählen und Verwerfen ist sein Tun.

Du wirst den Menschen nie bei etwas anderem finden!

Freilich wird er dir große Gründe nennen, wenn du ihn fragst, weshalb er das tut.

Der Mensch belügt sich aber nie so sehr, als wenn er selbst die Gründe seines Tuns ergraben will ... Aus gleicher Tiefe quellen die Impulse für das Spiel des Kindes wie für alle Tat.-

Hier wie dort ist im tiefsten Grunde der Wille zur Freude zu finden!

Letzte Lösung wird er vielen Rätseln.

All deine Gedanken und Taten sind deine „Muscheln" und „bunten Steine".

Nach deinem eigenen Werte wirst du wählen und verwerfen. -

Bald wirst du erkennen, dass vieles „verwerflich" ist, da es zu bleibender Freude nicht taugt.

Aber gar viele „bunte Steine" schichtest du doch zu Haufen, und dein Auge erfreut sich an ihnen für einige Zeit.

Dann aber wirst du des Spielens müde. Du lernst Werte unterscheiden.

Edelsteine möchtest du finden und echte Perlen, - nicht nur leere Muscheln und bunte Kiesel ...

Zuerst entfällt dir der Mut.

Du siehst deine erste Freude an deiner Erkenntnis sterben. -

Umdüstert streift dein Auge über den Sand.

Doch siehe: - dort leuchtet etwas zwischen den Kieseln!

Eilend wirfst du deine bunten Steine beiseite um jenes Leuchtende zu erlangen.

Du findest deinen ersten Edelstein!

Von diesem Tage an bist du weise geworden!

Du wirst nicht mehr an Kieseln deine Freude finden, die nur glänzen solange sie das Meer umspült.

Von heute an wirst du vieles verwerfen von dem, was deinem Auge reizvoll erscheint, und wirst nur nach dem wenigen suchen, das dauernd leuchtet.

So verlangt es der Wille zur Freude:

Freude ohne Enttäuschung,

Freude ohne Unterlass,

Freude ohne ein Ende!

Du wirst nun fragen:

„Wenn diese Lehre die Wahrheit birgt, woher dann - das Leid? -"

Und ich antworte dir:

Leid ist der Freude Bedingnis und Unterpfand!

Alles im Kosmos lebt aus polaren Gegensätzen.

Klein und groß, nieder und hoch, Leid und Freude, Lüge und Wahrheit, Schwäche und Kraft, - daraus lebt alles Leben!

Ohne das Leid könnte die Freude nicht zu sich selber kommen, denn alles Trennen und Teilen schafft Leid:- Trennung und Teilung aber ist vonnöten, damit Freude sich in allen Formen offenbaren kann, die ihr unendlichfältig verschiedenes Wirken braucht, aus dem alles Leben sich erhält.

Aber dein Wille zur Freude wird dich im Leid die Lüge sehen lehren und dir so das Leid ent-werten.

Leid und Freude brauchen einander, aber Leid und Freude bekämpfen auch einander ohne zum Frieden zu gelangen.

Leid wie Freude wollen deine Kräfte an sich ziehen.

Leid wie Freude wollen durch dich gewertet werden.

Soviel du der Freude Wert beimessen wirst, soviel Wert entziehst du dem Leid, - bis es dereinst zum willigen Diener deiner Freude wird!-

Ich rate dir gewiss nicht, allem Ungemach feige zu entfliehen!

Der Wille zur Freude will den Menschen oft durch trübe Schicksalschluchten zu hellen Höhen führen ...

Aller Sieg braucht Kampf. Kampf heißt: Wunden erleiden und Wunden schlagen!

Leid wird dir durch Andere kommen und du wirst Ursache werden für der Anderen Leid.

Hüte dich aber in deinem Willen zur Freude, auch an den Wunden dich zu erfreuen, die du im Kampfe schlagen musst!

Du sollst dein Leid in Fesseln legen, wenn es dich nutzlos leiden macht.

Wo aber dein Leid zum Kampfe fordert, dort sollst du dir den Sieg erkämpfen!

Alles Leid ist Lüge!

Alles Leid geht dereinst unter in der Wahrheit!

Das Leid ist nichts Bleibendes!

Nur die Freude ist ewig, weil sie der Ewigkeit entstammt! Alles Leid ist dein Gegner und Widerpart!

Alles Leid musst du binden und zum Dienen zwingen, damit die Freude frei sei und herrsche!

Du sollst jedoch dein Leid nicht hassen!

Hass ist die Farbe der Ohnmacht.

Der Wille zur Freude aber wird dich die Liebe des Siegers lehren!

Im Willen zur Freude wird dir alles leicht.

Du hast des Lebens wirkensgewaltigste Macht zur Seite!

Auch einer, der dem Leide Zuwachs schafft, strebt heimlich nach Freude ...

Sein Wille zur Freude ist zwar gefesselt, und dennoch bleibt er Quelle der Kraft.

Wille zur Freude zeugt alle Tat!

Wille zur Freude erhält alles Leben!

Wähle du selbst, ob, als betrogener Kämpfer, du dem Leide dienen willst, - oder - als Sieger - das Leid überwinden?!

Du kannst nur dann unterliegen, wenn du vor dem Leide Furcht bezeugst!

Zum furchtlosen Sieger aber will dich der Wille zur Freude vollenden!

Du findest den Willen zur Freude am Werk in allem Dasein.

Form und Maß will der Wille zur Freude, damit die Freude geboren werden könne aus der Liebe.

Liebe ist Streben nach Einigung alles Ent-zweiten!

Liebe allein zwingt Hass zum Dienste!

Liebe vereinigt alles Entgegen-gesetzte!

Aus der Liebe allein kann Wille zur Freude die Freude zeugen!

Wille zur Freude ist männlicher Wille, - er bedarf der Gebärerin: - der Liebe! -

Ohne Liebe wäre der Wille zur Freude wie ein ruheloser Verdammter ...

Liebe erst gibt ihm Ziel und sichere Richtung.

Liebe schafft Ausgleich zwischen gegensätzlichen Polen.

Liebe ordnet alles Kleine dem Großen ein.

Liebe einigt Wert und Unwert nach ewigen Gesetzen in umfassender Einheit.

Jeder Unwert ist ihr lieb um des Wertes willen, dem er dienen muss, - denn es gibt keine isolierten Werte und Unwerte im Bereich der Wirklichkeit.

Ungleichen Ranges, bedingen doch Wert und Unwert immerdar einander.

Alles was wachsen will, muss Wert und Unwert zu vereinen streben.

Alles Lebendige braucht Vereinigung ungleicher Teile in der Liebe.

So nur erwächst das Bleibende!

Du siehst die Menschen sterben und du fragst:

„Wo ist hier nun das Bleibende?! -"

Frage lieber:

„Wo ist hier das Vergängliche?!"

Die liebsten Menschen sah ich sterben, und nichts Vergängliches konnte ich finden.

Betrachte, was zurückblieb von allen, die auf dieser Erde lebten, und du wirst nur neue Einigung der Teile gewahren, soweit dein äußeres Auge sieht!

Wer will dir dort, wohin dein Erdenkörperauge nicht zu sehen weiß, etwa Vergängliches zeigen??

Dorthin, wohin zu sehen es nicht taugt, sah es auch damals nicht, als die dir nun entrückten Menschen noch deinen Sinnen fassbar waren.

Deine Sinne hatten ehedem dir nur gezeigt, dass da etwas Bestimmtes sei, von dem dir nur die Wirkung auf deine Sinne Kenntnis gab.

Glaubst du nun das vernichtet, was du voreinst seiend wusstest, als es noch auf deine Sinne wirken konnte, - dann bist du wahrhaftig nur ein „Sklave" deiner Sinne! -

Auch alle Totentrauer entstammt nur dem Willen zur Freude, der sich in Ohnmacht findet, das zurückzuholen, was ihm als Anlass der Freude entschwunden ist.

Trügerisch betört dich diese Trauer, will sie dir den Glauben an das Dasein derer nehmen, die dein körperliches Auge nicht mehr sehen kann, weil es nur Körpersinnenfälliges zu sehen tauglich ist.

Dich selbst kannst du betrauern, weil du einer Täuschung erlegen warst!

Nur was die Sinne deines Körpers berührte, hattest du für das Seiende gehalten...

Nun musst du sehen, dass die vergängliche Freude am Sinnenfälligen des Menschen etwas sehr wesentlich anderes ist, als die bleibende Freude am Menschen selbst.

Nun musst du erkennen lernen, dass alle „Sichtbarkeit" nur unsichtbarer Wirklichkeit zeitliches Zeugnis ist.

Alle Wirklichkeit wirkt aus dem Unsichtbaren!

Willst du die Wirklichkeit des Menschen finden, so wirst du sie nur im Unsichtbaren, durch dein Unsichtbares erreichen können! -

Du darfst der Sichtbarkeit zwar vieles, aber nicht alles glauben!

Du musst die Sichtbarkeit als Gegenpol deines Unsichtbaren erkennen lernen!

Wir könnten nicht in diesem Dasein uns erleben, ohne den ins Äußere strebenden Willen zum erdensinnenhaften Sichtbarsein.

Unsichtbar wirkender und sichtbar gewirkter Wille sind in uns zeitlich vereint.

Noch nähern wir uns nicht der geistgesetzlich bestimmten Bedingung zu bleibender Einung beider Willenspole.

Erlösung vom Zuviel, -

Ergänzung des Zuwenig: -

nichts anderes ist in Wahrheit der „Tod", der unser Unsichtbares aus dem Sichtbaren löst.

Nicht mehr gehemmt durch sichtbare Formen, werden wir dennoch auch in der Sichtbarkeit leben und wirken: - ein jeder als Ganzes, bewusst seiner selbst nun aus dem allewigen Ganzen ..

Weil ihr „Außen" ein „Innen" wurde, - dein „Innen" aber noch mit deinem „Außen" ringt, - darum findest du keinen Weg zu denen, die du: „die Toten" nennst. -

Es gibt zwar einen Weg zu ihnen, aber nur wenige Menschen sind jeweils im Leibesleben, die diesen Weg gefahrlos betreten können.

Er beginnt im Äußeren und führt durch die innersten Hallen der Natur, bevor er sein Ziel erreicht.

Der Mensch, der ihn betreten will, muss selbst diesen Weg erleuchten, sonst verirrt sich der Wandernde in den Labyrinthen die zu „durchwandern" sind.

Nacht und Verwirrung umfängt ihn dort, bis er selbst in Nacht und Verwirrung untergeht.

Irrsinn ist dann das Ende!

Alle, die gefahrlos diesen Weg betreten können, - meiden ihn.   Alle könnten die Wahrheit meiner Worte bezeugen.

Du kannst dich selbst kaum in deinem „Innen" erkennen, - wie dürftest du hoffen, die zarten Stimmen der Entrückten dort zu vernehmen!?!

Es bleibt aber gänzlich unnütz, etwa im „Außen" nach Beweis für etwas zu suchen, was nur im allerinnersten „Innen" zu finden ist.

Ewiges Leben ist Ruhe und Tat.

Ruhe und Tat sind in ewigem Wechsel wie Ebbe und Flut, im ewigen Meere innersten Geschehens.

Ewige Ruhe wäre wirklicher Tod!

Ewige Tat wäre wirkliche Verdammnis!

Ruhe und Tat in Freude vereinigt, sind seliges Leben!

Du deutest irrig deine Sehnsucht, wenn du nach „ewiger Ruhe" zu verlangen glaubst.

Deine Sehnsucht will ewige Freude in Ruhe und Tat!

Freude ist menschliches Fühlen göttlicher Vollkommenheit!

Darum sollst du dem Willen zur Freude Macht in dir geben!

Du kannst nie zuviel nach Freude verlangen!

Und was jetzt dir an bleibender Freude gegeben wird, kann niemals dir wieder genommen werden ...

Allüberall stellt Natur ihre Wegzeiger auf.

Die Menschen tollen daran vorüber wie tanzende Kinder ... Ihr solltet besser auf die Wegzeiger achten lernen! -

Noch strebt ihr nach Lust, und lasst von Gelüsten euch verzehren, indessen allein nur die Freude ins dauernde Leben führt...

Gott ist in der Freude!

Freude ist klares Licht!

Lust und Gelüste sind schwelender Brand!

Der Wille zur Freude ist Wille zu Gott!

Erkenne dich selbst: -

Schlafender Wille warst du, bevor der eine Pol in dir zur Sichtbarkeit drängte.

Träumender Wille bist du noch jetzt!

Mehr und mehr aber wirst du zu wachem Willen werden, bis du dereinst in Freude und Klarheit alles in dir lebendig durch-willst.

Alle Gesetzestafeln sind durch den Willen zur Freude errichtet.

Du selbst bist Wille zur Freude und folgst nur eigenem Gesetz, wenn du in der Freude zu dir selber kommen willst und in Freude zu Gott!

Alles, was bleibende Freude bewirkt, wird dir dienen.

Alles, was bleibender Freude nicht dient, muss dir schaden.

Du selbst bist dein Richter, und dein Richterspruch ist deine Tat!

Du kannst dich selbst für lange Zeit „verdammen", und kannst dich durch dein Tun zur höchsten „Seligkeit" erheben ...

So lange du aber auch irren magst, - du musst zuletzt, und wenn es auch nach Äonen wäre, dir selber folgen!

Sobald du dich selber erkennst, wirst du im Lichte der Gottheit dich finden.

Noch strebst du hinaus in ein leeres, starres Nichts.

Noch spähst du nach tausend Zielen irgendwo „da draußen" ...

Dereinst aber musst du erfahren, dass du nur selbst dir zum Ziel werden sollst, im Willen zur Freude an dir selbst.

Du hältst in deiner Hand die Macht, dich zu binden und dich zu lösen!

Noch bist du deiner Macht dir nicht bewusst. Du erwartest „außen", was nur im Innersten geschieht.

„Außen" und „Innen" aber werden dir zu Einem werden, wenn du dich selbst erst im Willen zur Freude erkennst!

Lange hatte man dich belehrt, dass „Trübsal des Herzens" und „Zerknirschung" dich Gott nahe bringen könnten.

Du hattest diesen Lehren vertraut, und nun fürchtest du dich auf dem Wege zu dir selbst und zu deinem Gott.

Fürchte aber nichts, als was dich fürchten machen will!

Du wirst furchtlos in der Kraft der Freude schreiten, sobald du dich selbst im Willen zur Freude willst.

Im Willen zur Freude wirst du ewiges Leben erleben!

Im Willen zur Freude offenbart sich dir dein lebendiger Gott!

Im Willen zur Freude wird sich Gott dir dereinst auf ewig einen!

Dann wirst du erkennen, dass es nur düstere Götzen waren, die vordem dich der Freude an dir selber, als der Urquelle deines Willens zur Freude, fernzuhalten suchten!

Dann wirst du entdecken, dass es - Angst war, was dich nicht zu deiner Freude kommen ließ!

Dann wirst du erfahren, dass dein Sein dir nur sicher ist, wenn du dich an dir selber freuen kannst!

In heiliger Freude dir ewig selber geschenkt, wirst du auf ewig im Willen zur Freude sein!

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AUSKLANG

Was die so wenigen, mir im Geiste

Vereinten,

Aber durch blutübertragenes Denken

Uralter Form Verpflichteten,

meiner Brüder,

Heute noch so verborgen halten,

Dass sie nur hart und vielfach

Geschulten

Nach langer Prüfung

Sparsamen Einblick gewähren,

Das durfte ich allen Menschen

offenbaren,

Die meine Worte erfassen.

Alle Bedenken wurden entkräftet,

Die solche Kündung aufhalten

wollten, -

Bleibt doch verhüllt auch das

Offenbare,

Allen, die selbst noch nicht sehen

können.

Wissend aber mied ich westliche

Weise:

„Wirklichkeit" das nur zu nennen,

Was das Gehirn dafür hält. -

Denn ich bin eingefügt ewiger

Ordnung

Und befolge Gesetze überzeitlicher

Art.




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09.11.2012