Auf Grund der Kenntnis der verschiedenen
Meditationsmittel und Hilfsmittel sind wir nun in der Lage, durch
Kombination und geeignete Reihenfolge diese Mittel bei einer
Meditationsübung optimal einzusetzen.
Es sei deshalb hier nun der Aufbau einer
solchen, in diesem Sinne idealen, geistigen Versenkungsübung skizziert:
Zuerst wird der Raum vorbereitet,
gelüftet, Räucherwerk entzündet, verdunkelt, eine Kerze angesteckt.
Eine Matte oder kleinen Teppich der
möglichst immer nur für diesen Zweck gebraucht wird auf den Boden legen.
Einige besondere Gegenstände bereitlegen. Dann lässt man eine Platte mit
leiser, ruhiger Musik laufen, zieht sein Meditationskleid an und schreitet
langsam und konzentriert zu seinem Platz. Dort macht man zuerst einige
Lockerungsübungen, kniet dann nieder und zündet eine oder mehrere Kerzen
und (oder) Räucherstäbchen an. Man konzentriert sich noch einen Moment auf
die Musik und lässt sich durch sie innerlich reinigen und durchspülen.
Dann legt man sich nieder und macht eine Selbstentspannungsübung. Zuletzt
nimmt man eine sitzende Meditationsstellung ein. Nach dieser Einleitungs‑
und Vorbereitungsphase beginnt die eigentliche Versenkung.
1. Stufe
Wir schliessen die Hände aneinander,
entweder die Finger gegeneinander verschränkt oder schalenförmig in den
Schoss legend. Dabei fühlen wir, wie durch unsere Hände ein Strom geht,
der uns wie ringförmig umkreist. Wir imaginieren, dass auf diese Weise ein
Schutzschirm um uns entsteht der uns einhüllt, unsere eigene und jede
äussere Unruhe und restliche Aktivität aufnimmt. Wir empfinden eine
aktive, gespannte Ruhe. Wir können nun langsam die Augen schliessen. Nun
versuchen wir, uns innerlich, d.h. nur im Innern des Körpers zu empfinden,
so als ob wir selber eine Flüssigkeit wären, die unseren Körper ausfüllt.
Wir konzentrieren uns auf dieses Fühlen. (siehe: "Das
Gebet - So sollt Ihr beten" von
Bô Yin Râ ). Alle Gedanken welche kommen
wollen, lassen wir unbeachtet. Wir gehen ihnen nicht nach, bekämpfen sie
jedoch auch nicht. Wir versuchen uns einzupendeln in unseren Schwerpunkt.
Wir rotieren ganz sachte um unsere Mittelachse. Wir konzentrieren uns ganz
auf das Empfinden uns innerlich wahr zu nehmen. Wenn uns das gelingt,
lassen wir uns ganz in unser Inneres sinken. Wir sollten nun spüren, dass
da etwas ist, das uns trägt. Etwas tröstliches, etwas Gutes, etwas das
nicht genau bezeichnet werden kann und das jeder wieder etwas anders
empfindet.
Wenn jetzt noch Bilder in uns
auftauchen, lassen wir sie, wie die Gedanken, vollkommen unbeachtet. Es
geht dabei also nicht darum, keine Gedanken oder Vorstellungen mehr zu
haben, also nicht oder Nichts zu denken, sondern es handelt sich darum,
den Gedanken nicht mehr nachzugehen, sie zu lassen, sie durch
Nichtbeachtung zur Ruhe zu bringen, Wie Bilder in einem Buch, das man
durchblättert, ohne viel Interesse und ohne dabei zu verweilen.
Gleichgültig, wie stark die Gedanken noch wirksam sind, wenn man ihnen
nicht mehr nachgeht, ist das Wichtigste erreicht.
Nach einer gewissen Zeit haben wir das
Gefühl von Ruhe und Stille, die voll Leben ist. Es ist, als ob wir an
einem mächtigen Strom angeschlossen wären. Diesem Strom, dieser Kraft,
geben wir uns nun voll Vertrauen hin. Wir löschen unseren Eigenwillen
sozusagen darin aus, wie man ein Glas Wasser in einen Strom giesst. Wir
spüren auf einmal, wie alles was wir wollen und erstreben, gar nicht mehr
wichtig ist. Wir spüren nur noch einen starken Willen in uns, den
Willen Gottes. Gelassen überlassen wir alles was wir glauben zu sein,
alles Wünschen und Wollen, alles Drängen und Fragen nur noch ihm.
2. Stufe
Wir sind nun körperlich, seelisch und
geistig völlig entspannt, völlig frei und gelöst.
Jetzt können wir in diesem inneren Raum,
in welchem wir uns nun fühlen, langsam und ruhig ein Mantra sprechen.
Dieses Mantra wiederholen wir nun eine
Zeit lang immer und immer wieder, rein innerlich, ohne dabei die Lippen zu
bewegen. Das innerlich gesprochene Wort dient nun unter anderem zur
Vorbereitung auf die dritte und tiefste Stufe der Versenkung. Über diese
Stufe lässt sich nicht viel sagen, da sie nur erfahren und erlebt werden
kann.
3. Stufe
Wenn wir also das Gefühl haben, dass wir
bei der Meditation unsere tiefste, zum jeweiligen Zeitpunkt erreichbare,
Tiefe erreicht haben, hören wir auf, das Mantra innerlich zu sprechen,
schliessen das einsprechen mit einem Om oder Amen ab, bleiben aber noch
einige Zeit in dem erreichten Grade der Versenkung.
Wir hören sozusagen in uns hinein nach
dem Echo, welches das Mantra in uns weckte. Zuletzt erreichen wir einen
Grad der absoluten Stille und des tiefsten Schweigens. Die Dauer während
welcher wir uns in dieser stillen und wortelosen Versenkung befinden
können, wird mit der Zeit bei konsequentem Üben immer länger. Wir dürfen
aber nicht forcieren und diesen Zustand mit Gewalt festhalten wollen, wenn
er sich wieder abschwächt. Wir beenden vielmehr dann die Meditation und
wenden uns wieder den Pflichten des Alltags zu.
Dies ist also in groben Zügen die
Möglichkeit einer Versenkungsübunge in welcher die verschiedenen Arten auf
eine möglichst wirksame Art hintereinander angewandt werden, sodass es zu
einer Steigerung und Intensivierung des Erlebens kommen kann. Dabei muss
man sich aber davor hüten, ein Ergebnis irgendwie erzwingen zu wollen.
Man darf auch nicht sozusagen im Sturm
diese drei Stufen ersteigen wollen. Nur äusserst behutsam und mit grosser
Geduld darf man vorgehen. Die drei Stufen sind nur als Möglichkeiten
aufgezeigt. Je nach Veranlagung wird sich ein Übender mehr oder weniger
lang in den verschiedenen Stufen aufhalten müssen. Unter Umständen
überhaupt während längerer Zeit nur auf der ersten oder einer der
vorbereitenden Stufen, vor allem wenn er Anfänger ist.
Da es verschiedene Menschen gibt, gibt
es auch verschiedene Arten des Vorgehens bei der Meditation, vor allem bei
den vorbereitenden Übungen. Den tiefsten Grund der Versenkung erreicht man
nur in der absoluten inneren Stille. Auch das Einsprechen von Mantras hört
dann auf. Dabei kann es sich dann allerdings auch ereignen, dass plötzlich
"Bilder” und “Gedanken" auftauchen, welche von gänzlich anderer Art sind,
als diejenigen, welche uns normalerweise vertraut sind. Wer jedoch so weit
kommt, der braucht keinerlei äussere Belehrung mehr und ist in der Lage,
endgültig auf eigenen Füssen zu stehen und zu gehen.